Et jysk ravfund. Ravhandelen i yngre bronzealder

Forfattere

  • Jørgen Jensen

DOI:

https://doi.org/10.7146/kuml.v18i18.104891

Nøgleord:

bernstein, rav, jütland, jylland, bronzezeit, bronzealder, handel, handelsvege, handelsveje

Resumé

Ein jütländischer Bernsteinfund

Das Studium der vorgeschichtlichen Handelswege von Bernstein spielt eine große Rolle, will man versuchen, den ökonomischen Hintergrund in der tausendjährigen Geschichte der Bronzezeit in Nordeuropa klarzulegen. Unsere Kenntnis von dem Umfang des Bernsteinhandels in der nordischen Bronzezeit ist jedoch mit zahlreichen Unsicherheitsmomenten belastet; die vorliegende Arbeit versucht zu beurteilen, ob der Handel mit Bernstein für die nordischen Bronzezeitvölker die tragende Grundlage ihrer Ökonomie gewesen sein kann, und zwar während der letzten Periode, der Periode VI der Bronzezeit.

Der Fund, der in dieser Verbindung herangezogen werden soll, wurde vor ungefähr 30 Jahren in einem Grabhügel bei Sønderskov im Kirchspiel Folding in Südjütland ausgegraben [2]. Es war ein Urnenbrandgrab, das scheinbar nur eine bronzene Nadel und eine ringförmige Bernsteinperle enthielt, die Urne ist verlorengegangen. Was die Nadel betrifft, scheint sie mit nahe verwandten Formen in Norddeutschland und Polen [3] in Verbindung zu stehen, wo der Typ normalerweise in die Periode VI der Bronzezeit datiert wird. Von dänischer Seite ist eine etwas spätere Datierung vorgeschlagen worden [4]. Die wenigen geschlossenen Funde scheinen jedoch den Typ in den letzten Abschnitt der Schlußphase der nordischen Bronzezeit hinzuführen, also in die Periode VI, d. h. ca. 700-500 v. Chr. Für diese Datierung spricht im vorliegenden Fund auch die Kombination mit dem Bernsteinring. Wie später gezeigt wird, ist der Bernsteinring ein Importstück von der mitteleuropäischen Hallstattkultur, deren Perlenformen gegen Ende der Bronzezeit innerhalb der nordischen bronzezeitlichen Kultur nachgeahmt wurden [7-8].

Die Periode VI der dänischen Bronzezeit enthält eine lange Reihe von ungeklärten Problemen. Im ganzen genommen läßt sich feststellen, daß die vorgeschichtliche Gesellschaftsordnung eine lange Reihe von bedeutungsvollen Veränderungen erfuhr, neue Erwerbs- und Produktionsformen bürgerten sich in Südskandinavien ein und das archäologische Fundbild ist von einer überraschenden Gleichartigkeit gekennzeichnet; dies wiederholt sich in dem gesamten, ausgedehnten Tiefland zwischen der Elbe im Westen und der Weichsel im Osten. Ein großer Teil der materiellen Kultur dieses Gebiets ist die gleiche, und die Übereinstimmung scheint auch in das religiöse Gebiet hineingereicht zu haben. Lange hat die archäologische Forschung den Bernsteinhandel als tragendes Element der Ökonomie dieser bronzezeitlichen Gruppen angesehen. Der Ausgangspunkt des Bernsteinhandels sollte die jütländische Westküste bzw. die polnisch-russische Ostseeküste gewesen sein, danach sollte die Route den ganzen europäischen Kontinent durchquert haben, indem sie die sonst unzugänglichen Gebiete der Ostalpen passierte, um zuletzt am oberen Adriatischen Meer auszumünden (Abb. 2) [11]. Leider kann diese Theorie archäologisch nicht bewiesen werden, im Gegenteil hat es sich gezeigt, daß die Vorstellungen über den Bernsteinhandel sehr schlecht in das Bild hineinpassen, das man sich von dem Handel in der jüngeren Bronzezeit gemacht hat [12]. Wenn man früher gemeint hat, die Handelswege für Bernstein mit so großer Sicherheit festlegen zu können, so folgerte man von den Verhältnissen in der römischen Zeit aus. Zu der Zeit spielte Aquileia eine Rolle als Endstation des Handelsweges [13], während die Zwischenstationen z. B. in Carnuntum und Kalisz lagen [14]. Vergrabene Depots, ein einzelnes mit mehr als zwei Tonnen Bernstein [15), sind die handgreiflichen archäologischen Beweise von dem Verlauf des Weges.

Kann man aber diese Aufschlüsse ohne weiteres auf eine Gesellschaft mit einer ganz anderen Organisation und Wirtschaft übertragen? Die schriftlichen Quellen bestätigen nicht die Theorie über den Verlauf des Bernsteinhandels quer durch Europa in der jüngeren Bronzezeit. Das gilt für die Bemerkungen bei Homer [16] ebenso wie für die unsichere Theorie von Phytias Reise von Massalia nach den Gebieten an der Ostsee [17]. Auch von den Versuchen, den mythischen Fluß Eridanos mit bekannten Flüssen zu identifizieren, kann man nicht behaupten, daß sie eine Bestätigung enthalten [18].

Unser Wissen über die Handelsverbindungen der Mittelmeervölker nach Norden im 7. und 6. Jahrhundert ist jedoch gar nicht so gering. Eine eigentliche Erweiterung des Handels nach Norden durch das adriatische Meer wird scheinbar erst von den Griechen gegen Ende des 7. Jahrhunderts eingeleitet. Erst um 550 v. Chr. findet man regelrechte Handelsstationen am oberen adriatischen Meer, von denen eine, Spina im Podelta, vielleicht eine rein griechische Koloniegründung gewesen ist [19]. Die griechische Kolonisation von Süditalien und Sizilien führte jedoch einen ökonomischen Aufschwung in sowohl Mittel- wie Norditalien mit sich. Im Norden lassen die Produkte von gewissen Metallwerkstätten uns ahnen, wie tief die Einflüsse von Süden das alte Kulturbild beeinfluten [JO]. Der Grund muß zweifellos in dem Handelsverkehr gesucht werden, der mit der Anlage von Spina im späten 6. Jahrhundert kulminiert. Auch das Innere der Balkanhalbinsel wurde von dem erweiterten Handelsverkehr berührt, hiervon zeugen z. B. die reich ausgestatteten Gräber von Trebeništa [21].

Die Völker südlich der Alpen begannen also im 6. Jahrhundert v. Chr. ernstlich, ihre Aufmerksamkeit nach Norden zu richten; und nicht nur in der Nähe des oberen Adriatischen Meeres verstärkten sich diese Erscheinungen. Ungefähr um 600 v. Chr. wird die griechische Kolonie Massalia gegründet, und die Rhône wird nun eine der Einfallspforten nach Zentraleuropa. Nördlich der Alpen bedeutete diese neue Situation viel, neue ökonomische und kulturelle Zentren entstehen in Südwestdeutschland und Ostfrankreich, wir finden Gräber mit reichem mediterranen Import [22], und die Grabsitte zeigt uns, wie die Vorstellungen der Mittelmeervölker vom Leben nach dem Tode die zentraleuropäische Oberklasse beeinflußte [23]. Der Handel mit Wein bildete wahrscheinlich teilweise den Hintergrund für den starken Kultureinfluß [25], der sich u. a. darin äußerte, daß ein Teil des Mauerwerks von der Heuneburg in einer Technik aufgeführt wurde, deren unmittelbares Vorbild in griechischen Kolonien in Süditalien gesucht werden muß [26]. Dieser Einfluß, der im Laufe des 6. Jahrhunderts über die zentraleuropäischen Kulturgruppen hereinbrach, fand nicht nur an der Rhône statt, sondern auch die westlichen Alpenpässe gewannen nun an Bedeutung. Hier deuten reiche Funde [27] eine handelsmäßige Expansion an, die scheinbar auf die Metallvorkommen in Westdeutschland gerichtet war [28]. Diese Welle fremder Handelswaren, die im 6. Jahrhundert Zentraleuropa überschwemmte, ist der handgreifliche Ausdruck des ersten intensiven Kontakts zwischen den Hochkulturen der Mittelmeerländer und der nördlich davon lebenden Barbaren.

Man könnte nun fragen, in welchem Umfange diese expansiven Kulturgebiete am Mittelmeer Bernstein kannten, und welche Rolle dieses Material in ihrer Ökonomie spielte. Auf dem griechischen Festland war Bernstein schon in mykenischer Zeit allgemein bekannt. Die Schachtgräber und eine lange Reihe von anderen Gräbern haben ein reiches Material ergeben [29-30], und der Zusammenbruch der mykenischen Ökonomie beeinflußte scheinbar nicht weiter die Bernsteinzufuhr. Erst in der geometrischen Zeit schrumpfen die Mengen ein, um aber gegen Ende des 8. Jahrhunderts und der folgenden Zeit wieder zu steigen. Zahlreiche Funde z. B. von Wohnplätzen zeugen davon [31]. Das erstrebte Material wurde u. a. zur Ausschmückung von Fibeln verwandt, eine Sitte, die auch weite Verbreitung in Italien fand [32]. Im südlichen Italien war Bernstein schon zu einer Zeit in Gebrauch, die der mykenischen Zeit in Griechenland entspricht [33]; die wirklich reichen Funde stammen jedoch aus der Zeit nach der griechischen Koloniegründung, d. h. des 7. und 6. Jahrhunderts [34]. Bernsteinwerkstätten, die wahrscheinlich in Campanien lagen [35], produzierten u. a. kleine Skulpturen, deren Nachfrage u. a. in den baltischen Gebieten groß war [36]. Auch weiter nördlich kannte und brauchte die Protovillanovakultur Bernstein [37]. Am größten war die Produktion jedoch innerhalb des etruskischen Kulturkreises, wo die Werkstätten, die z. B. die kleinen Skulpturen herstellten, scheinbar in Vetulonia gelegen haben [38]. Weiter nördlich ist der Gebrauch von Bernstein ebenfalls groß und geht zeitlich auch weit zurück [39]. Südliches Importgut kommt u. a. in Picenum vor [40], wo die Verwendung von Bernstein scheinbar einen Höhepunkt erreicht, ein Umstand, der die ältere Forschung zu der Annahme veranlaßte, daß die importierten Rohmaterialien von hier über ganz Italien verteilt wurden. Auch die nordbaltischen Gebiete kannten in großem Umfang den Gebrauch von Bernstein, davon zeugen u. a. die reichen Funde von Novi Pazar in Serbien [41].

Nördlich der Alpen sieht das Fundbild in dem hier behandelten Zeitabschnitt völlig anders aus. In Dänemark, daß zu dieser Zeit der älteren Auffassung nach der Hauptlieferant gewesen sein sollte, beträgt die Menge gefundenen Bernsteins nur wenige hundert Gramm [43]. Außerdem deutet nichts auf einen Zusammenhang zwischen den Bernsteinfunden und dem wirtschaftlichen Wohlstand: z. B. findet man Importgüter und Gold in ganz anderen Gegenden des Landes als Bernstein [44]. Die Importgüter stammen nicht von den südeuropäischen Gebieten, sondern von Zentraleuropa, aber auch dort deuten die Funde nicht an, daß das Gebiet Abnehmer oder Zwischenstation des Bernsteinhandels nach Süden war. Bernstein ist während der gesamten Urnenfelderkultur und der ersten Phasen der Hallstattkultur nur in ganz wenigen Fällen bekannt, Bernsteindepots sind sozusagen unbekannt. Auffallend ist, daß der vermutete Zufuhrweg von Bernstein (Abb. 2) quer durch ganz Nord- und Mitteleuropa gegangen sein sollte, ohne Spuren wie Importgüter oder versteckte Bernsteindepots zu hinterlassen.

Erst in der Periode Ha. D, die in groben Zügen dem 6. Jahrhundert v. Chr. entspricht, taucht Bernstein ernstlich in den mitteleuropäischen Funden auf, also gerade zu einem Zeitpunkt, wo die Handelsverbindungen mit den Mittelmeerkulturen einsetzten. Wahrscheinlich ist die Annahme berechtigt, daß Bernstein in den mitteleuropäischen Funden zusammen mit den übrigen Importgütern von Süden kommt. In den Alpentälern, durch die die Handelswege nach Norden führten, sind reiche Bernsteinfunde gemacht worden so z. B. bei Bellinzona [45]. Auch die Bernsteinfunde in dem Gräberfeld von Hallstatt setzen erst ein, nachdem die südlichen Kontakte erweitert worden waren [46], d. h. in Ha. D: vorher waren sie beinahe unbekannt. Eine ganz deutliche Sprache spricht der Fund von Aspergle in Südwestdeutschland, wo eine Sphinx aus Elfenbein und Bernstein, die wahrscheinlich in Capua oder Tarent hergestellt worden ist [47], zeigt, daß Bernsteinprodukte im 6. Jahrhundert v. Chr. über die Alpen von Süden nach den zentraleuropäischen Völkern gebracht wurden. Die gleiche Handelsaktivität kann auch erklären, daß ein großer Teil der Bernsteinschmuckstücke von dem Gräberfeld Hallstatt unverkennbar norditalienische Vorbilder hat [49].

Große Teile Mitteleuropas erleben in dieser Zeit einen starken wirtschaftlichen Aufstieg, der sich leicht in den Gräberfunden ablesen läßt, in denen die Bernsteinschmuckstücke einen wichtigen Teil ausmachen. Eine besondere Gruppe innerhalb dieser reichen Funde bilden die großen Ringperlen von dem Typ, der in fragmentarischem Zustand vom Sønderskov-Fund vorliegt (Abb. 1). Der Ring scheint auf einer Drehbank hergestellt worden zu sein, eine Technik, die im 6. Jahrhundert von Süden nach Mitteleuropa kommt [50], und alleine dieser Umstand legt den Sønderskov-Ring als Importgut fest. Die profilierten Ringperlen sind von Italien [51] und dem gesamten zentraleuropaischen Raum bekannt [52- 57], die Datierung scheint für den Hauptteil der Funde Ha. D zu sein, in einzelnen Fällen [58] überschreiten sie jedoch die Grenze zur Laténekultur.

Zusammenfassend kann man sagen, daß Bernstein in Südeuropa in dem ganzen Zeitraum in Gebrauch war, der der jüngeren Bronzezeit in Nordeuropa entspricht. Im 8. Jahrhundert fängt die allgemeine Ausnutzung dieses erstrebten Materiales an, und die Produktion setzt in steigendem Maße während des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. fort. In Mitteleuropa fehlen Bernsteinfunde beinahe bis in das 6. Jahrhundert v. Chr. hinein, dann taucht Bernstein gerade zu einer Zeit auf, in der die Handelsverbindungen nach Süden intensiviert werden, und in eben dieser Verbindung müssen wir den Sønderskov-Ring sehen. Rein archäologisch deutet nicht viel darauf hin, daß die großen Bernsteinvorkommen südlich der Alpen von Norden kommen, ja, wir müssen eher annehmen, daß die nordeuropäischen Bronzezeitvölker nicht im Stande waren, einen so umfassenden Handel zu organisieren, wie es die großen Abnehmer im Süden erforderten. Der Zweifel wird noch erhöht, wenn nun der Fund von Sønderskov zeigt, daß man in der späten Bronzezeit Bernstein nach Dänemark importierte.

Da nun die Archäologie bisher keine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des südeuropäischen Bernsteins hat geben können, hat man vor allem die Naturwissenschaften um Beistand gebeten. Die Versuche, die O. Helm im vorigen Jahrhundert auf eine Lösung des hier aufgeworfenen Problems hin machte, beeinflußten die Archäologie stark [59]. Sowohl in älteren wie in neueren Zeit sind jedoch eine Reihe von Einwänden bezüglich Helms Versuchsmethode erhoben worden [60], sodaß die Naturwissenschaften neue Wege gesucht haben, besonders unter Zuhilfenahme der sogenannten infraroten Spektrometrie. In den USA hat eine Forschergruppe bei der Anwendung dieser Methode einen Unterschied zwischen baltischem und nicht-baltischem Bernstein nachweisen können [61]. Von anderer Seite [62] ist jedoch betont worden, daß der Ausdruck »baltisch« sämtliche Bernsteinarten deckt, die den gleichen geologischen Ursprung haben wie der Bernstein, der z. B. im östlichen Ostseegebiet gefunden wird. Das Verbreitungsgebiet dieses Bernsteins reicht jedoch von England im Westen bis zur Küste des Schwarzen Meeres im Osten, und es leuchtet ein, daß eine derartig weite Verbreitung keine geeignete Grundlage für Spekulationen über den Verlauf des Bernsteinweges ist [63]. Andere Schwierigkeiten sind hinzugekommen, indem nachgewiesen worden ist, daß ein großer Teil der Bernsteinfunde, z. B. vom nördlichen Teil der Balkanhalbinsel, nicht Bernstein im eigentlichen Sinne ist. Wohl handelt es sich hier um Harzbildungen, aber das Alter und die physischen Eigenschaften sind ganz anderer Art [64]. Die Archäologie muß also einsehen, daß sie zur Zeit nicht viel Unterstützung von den Naturwissenschaften erwarten darf.

Das Problem des vorgeschichtlichen Bernsteins ist also viel komplizierter, als man erwarten sollte. Denn immer noch steht die Frage offen: woher stammen die reichen Bernsteinvorkommen in den archäologischen Funden in Südeuropa. Wahrscheinlich muß man mit mehreren Quellen rechnen, aber unsere Kenntnis dieser, z. B. der ukrainischen und rumänischen Vorkommen ist sehr beschränkt. Andere Quellen können erschöpft sein [65], wie es z. B. in bestimmten franzözischen Alpengebieten der Fall zu sein scheint. Wenden wir uns wieder nach Nordeuropa, scheint eines doch festzustehen: der Sønderskov­Fund zeigt uns, daß Bernstein gegen Ende der Bronzezeit von Süden nach Norden verhandelt wurde, und daß der. Export von Bernstein kaum die ökonomische Grundlage ausgemacht haben kann, auf der unsere reiche Kultur der jüngeren Bronzezeit ruhte.

Jørgen Jensen

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Publiceret

1968-03-26

Citation/Eksport

Jensen, J. (1968). Et jysk ravfund. Ravhandelen i yngre bronzealder. Kuml, 18(18), 93–110. https://doi.org/10.7146/kuml.v18i18.104891

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