Nationaløkonomisk Tidsskrift, Bind Første række, 18 (1881)

Den østrigske Aagerlov af 1881.

Den 9de Oktober 1879 indbragte Rigsraadsmedlemmet Dr. August Weeber ni. Fl. i det østrigske Rigsraad et Forslag til en Aagerlov («Geselz betr. die Zinsen u. Nebenleistungen bei Credilgeschåften«). Delle Lovforslag blev sendt i Odvalg. Den 28de Oktober s. A. forelagde den daværende Justitsminister Dr. Karl von Stremajr paa Regeringens Vegne Rigsraadet et Forslag en Aagerlov («Gesetz betr. Abhilfe "wider unredlicbe Vorgånge bei Creditgeschaften»). Delle Lovforslag henvistes til det for det Weeber'ske Forslag nedsatte Udvalg. Udvalget afgav sine Betænkninger over Forslagene i 1880, og Sagen behandledes derefter i Rigsraadets to Huse. I Maj d. A. enedes de to Huse om Aagerlovens Affattelse, og den 28de Maj 1881 modtog Loven kejserlig Stadfæstelse. Den lyder saaledes:

Gesetz vom 28. Mai 1881,

betreffend

Abhilfe wider unredliche Vorgånge bei
Credi tgeschiif ten.
(Kundgemacht in dem Reichsgesetzblatte fiir die im Reichsrathe
vertretenen Konigreiche und Lander am 31. Mai 1881, XXI Sluck, Nr. 47.)

.Mit Zuslimmung der beiden Håuser des Reichsrathes finde
lch anzuordnen. wie folgt:

§•1

Wer bei Gewahrung oder Verlångerung von Credit, den
Leichtsinn oder die ihm bekannte Nolhlage, Verstandesschwache,

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Unerfahrenheit oder Gemuthsaufregnung des Creditnehmers dadurchausbeutet, er sich oder einem Dritten Vermogensvortheileversprechen gewåhren Iåsst, welehe durch ihre Masslosigkeit das wirthschaftliche Verderben des Creditnehmers herbeizufiihren oder zu beforden geeignet sind. macht sich eines Vergehens schuldig und wird mit slrengem Arreste in der Dauer von einem bis zu drei Monaten und mit Geld von 100 fl. bis zu 500 fl. bestraft.

Derselben strafbaren Handlung machl sich schuldig und unterliegt derselben Strafe, wer eine Forderung erwirbt und dieselbe weiter veråussert oder geltend macht, von der er weiss, dass sie auf die vorstehend angegebene Art entstanden ist.

§•2.

Wenn zur Verdeckung eines im §. 1 bezeichneten Geschåftes Seheinvertrag geschlossen, eine Urkunde, welche unwahre Cmstånde enlhålt, errichtet, oder iiber eine noch nicht bestehende Forderung ein gerichtliches Erkenntniss (Drtheil, Zahlungsbefehl, Mandat), ein gerichtJicher Vergleich oder schiedsgerichtlicher erwirkt wurde; oder

wenn sich der Creditgeber die Erfiiilung der aus einem im §. 1 bezeichneten Geschåfte eingegangenen Verpflichtung unter Verpfåndung der Ehre, eidlich oder unter åhnlicher Betheuerung liess, so ist auf strengen Arrest von drei bis zu sechs Monaten und auf eine Geldstrafe von 500 fl. bis zu 1000 fl. zu erkennen. Auch kann auf Abschaffung erkannt

Dieselbe Strafe trifft Denjenigen, welcher in Kennlniss dieser
Umstånde eine Forderung unter den im §. 1 angegebenen Voraussetssungen
und weiter veråussert oder gellend macht.

§• 3.

Bei wiederholter Verurtheilung ist auf strengen Arrest von drei Monaten bis zu einem Jahre, und auf eine Geldstrafe von 500 fl. bis zu 2000 fl. zu erkennen. Auch kann auf Abschaffung werden.

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Wenn Geschafle der im §. 1 bezichneten Art gewerbsoder betrieben werden, so ist auf strengen Arrest von sechs Monalen bis zu zwei Jahren, und eine Geldstrafe 1000 fl. bis zu 3000 fl., sowie auf Abschaffung zu erkennen.

§• 5.

lm Falle der Dneinbringlichkeit einer verhiinglen Geldstrafe
statt derselben auf Arrest in der Art zu erkennen,
dass je 10 fl. duren einen Tag Arrest ersetzst werden.

§•6.

Die mit der Verurtheilung wegen der Ueberirelung des Betruges nach den Gesetzcn eintrelenden Folgen trelen auch bei der Verurtheilung wegen des im §. 1 bezeichneten Vergehens

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Die Strafbarkeit erlischt, wenn der Thater, bevor der offentliche oder das Slrafgericht von der That Kennlniss erlangt, den geselzwidrigen Vorgang behebt und dem Creditnehmer bezogene Uebermass sammt gesetzlichen Zinsen vom Tage des Bezuges an zuruckerstaltet.

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Der Slrafrichler hat das Geschåft, wegen dessen die Verurtheilung als nichtig zu erklåren, und wenn die Ergebnisse Strafverfahrens ausreichen, zu erkennen, dass das von dem Credilgeber und Credilnehmer gegenseitig Geleistele geselzlichen Zinsen vom Tage der Leistung an zuriickzuerstatten

Ergibt sich aus der Berechnung der gegenseitig zuriickzuerstattenden ein Mehranspruch fiir den Creditgeber, so haftet hiefiir die fiir die vertragsmåssige Forderung erworbene Sicherstellung.

Reichen die Ergebnisse des Strafverfahrens zur Fållung
des Erkennlnisses iiber die Rechtsfolgen der Vernichtung des
Geschåftes nichl aus, so erfolgt unter Aufrechthaltung der erworbenenSicherstellung

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worbenenSicherstellungdie Verweisung auf den Civilrechtsweg,
welcher in diesem Falle sowohl dem Privatbetheiligten, als dem
Angeklagten offen steht.

g 9,

Im Falle der Verweisung auf den Civilrechtsweg, sowie wenn der Privalbetheiligte auf Grund des §. 372 der Slrafprocessordnung Civilrechlsweg betrilt, hat der Civilrichter iiber die Rechtsfolgen der Vernichtung des Geschåftes gleichfalls den im §. 8 festgestellten Grundsålzen zu entscheiden.

§.10.

Wenn aus einem anderen Grunde als wegen mangelnden Thaibestandes oder wegen Dnzulånglichkeit der Verdachtsgriinde eine strafgerichtliche Verfolgung nicht stattflnden kann oder die Verurlheilung nichl erfolgte, so hat der Civilrichter, wenn im Verfahren in Streitsaehen das Vorhandensein der Voraussetzungen §. 1 festgestellt ist, das Geschåft als nichtig zu erklåren in Belreff der Entscheidung iiber die Rechtsfolgen nach den im §. 8 feslgestellten Grundsåtzen vorzugehen.

§• 11.

Auf Ersuchen des Strafgerichtes, bei welchem eine Slrafverhandlung einer im §. 1 erwåhnten strafbaren Handlung ist, hat der Civilrichler jederzeil mit dem die fragliche Forderung betreffenden Verfahren innezuhalten.

In den Fallen des §. 20, sowie in alien Fallen, in welchen der Civilrichter den Thaibestand einer im §. 1 bezeichneten strafbaren Handlung zu erkennen glaubt und deshalb die Strafanzeige hat er selbst zu entscheiden, inwieweit mit der zwangsweisen Einlreibung der Forderung innezuhalten, oder ob die Execution bis zur Sicherstellung zu bewilligen sei.

§• 12.

Bei Entscheidungen, welche der Civilrichter nach den §§. 9, 10 und 11 zu fallen hal, ist derselbe an gesetzliche Beweisregeln gebunden; er hat nach seiner freien, auf Grund der gewissenhaften Priifung der vorgebrachten Beweismiltel gewonnenen Deberzeugung zu enlscheiden.

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§•13.

Die Bestimmungen der §§. 10, 11 und 12 flnden auch auf Forderung Anwendung, welche vor dem Beginne der Wirksamkeit Gesetzes entstanden und vor diesem Zeitpunkte weder gelilgt, noch durch richlerlichen Spruch zuerkannt oder gerichtlichen Vergleich feslgestellt sind.

§. 14.

Auf Handelsgeschafte, bei welchen sowohl der Creditgeber, als der Creditnehmer ein Kaufmann ist, (Artikel 4, 5 und 6 des Handelsgesetzbuches vom 17. December 1862, [R. 6. 81. Nr. 1 vom Jahre 1863J) finden die Beslimmungen der vorstehenden stehendenParagraphe keine Anwendung.

§. 15.

Wer sich von einem Minderjåhrigen oder von einer Person, fur welche die Nichteinhaltung einer unter Ehrenwort übernommenen die Strafe des Verlusles ihrer Dienstesstellung Eolge haben kann, die Erfiillung der Verpflichlnng aus einem Credilgeschåfte unter Verpfiindung der Ehre, eidlich oder unler ahnliclien Betheuerungen verspreehen liisst, macht sich einer Uebertretung schuldig und wird mit Arrest von acht Tagen bis zu drei Monaten bestraft.

Dieselbe Strafe trifft Denjenigen, welcher eine Forderung, von der er weiss, dass sie auf die angegebene Weise entstanden erwirbt und dieselbe weiter veråussert oder geltend macht.

Bei wiederholler Verurtheilung, oder wenn Geschafle dieser
Art gewerbs- oder gewohnheitsmåsaig betrieben werden, kann
auf strengen Arrest und zudem auf Abschaffung erkannl werden.

Die Unlersuchung und Beslrafung dieser Uebertrelung sleht
dem Bezirksgerichte zu.

§. 16.

In den Konigreichen Galizien, Lodomerien, dem Grossherzogthume und dem Herzogthume Bukowina trill dieses Gesetz an die Stelle des in diesen Låndern geltenden Gesetzes vom 19. Juli 1877 (R. G. 81. Nr. 66) in Wirksamkeit.

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Dieses Letztere bleibt jedoch in diesen Låndern riicksichtlich
Credilgeschåfte, welche vor Beginn der Wirksamkeit
des neuen Geselzes abgeschlossen worden sind, in Anvvendung.

§•17

Mit dem Vollzuge dieses Gesetzes ist der Justizininister
beauftragt.

Schonbrunn, 28. Mai 1881.

Franz Joseph m. p
Taaffe m. p.

Prasåk m. p.

Ifølge Lovens § 16 falder altsaa den i »Nationaløkonom.
Tidsskr.» Bd. XVI p. 378 meddelte galiziske Aagerlov bort.

Den østrigske Aagerlov af 1881 er udgivet af Dr. Joseph Kaserer under Titel: »Das Gesetz vom 28. Mai 1881 betreffend. Abhilfe wider unredliche Vorgånge bei Creditgescbåften (allgemeines mit Materialien«. (Wien 1881, Alfred Holder. 272 S.). Materialierne bestaa i Lovforslagene med Moliver, Udvalgsbetænkningerne og stenografiske Aftryk af Forhandlingerne Deputeretkamret og Herrernes Hus.