Ledelse og Erhvervsøkonomi/Handelsvidenskabeligt Tidsskrift/Erhvervsøkonomisk Tidsskrift, Bind 25 (1961)

Status.

Der We g der Betriebswirtschaftslehre in den letzten 25 Jahren.

Von Erich Schneider *)

Mit besonderer Freude erfiille ich den Wunsch der Herausgeber der Erhvervsøkonomisk Tidsskrift, das vorliegende Jubilåumsheft mit einer kurzen Übersicht iiber die Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre in den vergangenen 25 Jahren einzuleiten - nicht nur, weil die bisher erschienenen Bånde der Zeitschrift in hervorragender Weise ein Bild dieser Entwicklung geben, das in wenigen Strichen zu zeichnen sich lohnt, sondern vor alien auch, weil sich das Gesicht der Betriebswirtschaftslehre in dem Zeitraum, der seit der Griindung der Zeitschrift vergangen ist, in so entscheidender Weise veråndert hat, dafi in diesem Jubilåumsjahr mehr als sonst Anlafi besteht, nach dem Woher und Wohin der Disziplin, der diese Zeitschrift dient, zu f rågen.

Als ich vor etwas mehr als 25 Jahren in Nationaløkonomisk Tidsskrift einen Artikel iiber „Tendenser i den moderne økonomiske Teori og dens Forhold til Driftsøkonomien" schrieb, wies ich darauf hin, daft die Betriebswirtschaftslehre, wenn sie eine wirkliche Wissenschaft sein, d. h. mehr sein will als blofie Technik und Beschreibung, notwendig die gleichen Metoden der Forschung anwenden mufi, wie ihre åltere Schwester,die Nationalokonomie, was nichts anderes besagt, als dafi die Betriebswirtschaftslehreeine theoretische Wissenschaft sein mufi. Ihr Ziel mufi die denkende Durchdringung des reichen Erfahrungsmaterials sein, das in Unternehmungen und Betrieben anfållt. Die in der Welt der Tatsachenherrschenden Zusammenhånge erschliefien sich ja erst dann, wenn die Tatsachen von einer sinnvollen Fragestellung aus angesprochenwerden; derartige sinnvolle Fragestellungen ergeben sich aber



*) Professor an der Universitåt Kiel.

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immer nur aus einer Theorie, d. h. aus einer Vision, wie die Zusammenhångesein konnten - einer Vision, die ihren Niederschlag in einem Modell findet. Die grofien Pioniere der betriebswirtschaftlichen Forschunghaben das immer gewufit. Dafiir nur ein Beispiel aus einem friihen Stadium der Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre in Danemark:Im Jahre 1917 schrieb Ivar Jantzen in seiner fiir die Theorie der Unternehmung fundamentalen Arbeit „Lidt Teori om Driftsregnskaber og Produktionspriser for Industrien": „Enhver Art af Virksomhed er i sin Udvikling underkastet visse Love, som ikke er helt at forudberegne, men de maa gennem et velordnet Observationsmateriale udforskes og efterhaanden nøjere og nøjere bestemmes. Hvis man ordner Observationerneforkert, faar man aldrig Lovene at se. Nu er det vist ikke for meget sagt, at den Gruppering, Regnskabsposterne faar i mange VirksomhedersDriftsregnskaber, ikke netop er den rationelle, idet man ofte i samme Gruppe finder Tal, som ikke har noget med hinanden at gøre, og som ved at opstilles efter andre Principer vilde føre til mere lærerigeResultater". Um das Beobachtungsmaterial zu erkennen, braucht man also eine Theorie. Diese Erkenntnis ist heute Allgemeingut geworden.In den letzten 25 Jahren hat sich die Betriebswirtschaftslehre zu einer theoretischen Wissenschaft entwickelt, die heute ebenbiirtig neben der theoretischen Nationalokonomie steht und - was ein ebenso bedeutsamesZeichen der neueren Entwicklung ist - mit ihr aufs engste verbundenist. Es ist heute klar geworden, dafi eine Theorie, die nicht in der allgemeinen okonomischen Theorie verankert ist, ebenso ein Torso bleibt wie eine allgemeine okonomische Theorie, die nicht zu den einzelnenEntscheidungszentren der Wirtschaft vordringt.

Die folgende Darstellung wird das im einzelnen deutlich machen. In
dieser Einleitung mufi ich mich darauf beschrånken, einige wenige
Hauptlinien der Entwicklung der letzten 25 Jahre aufzuzeigen.

Zunåchst hat die Produktions- und Kostentheorie einige wesentliche Weiterbildungen erfahren. Diese Theorie beschåftigt sich bekanntlich mit der Frage nach der optimalen Allokation der Ressourcen in einer Unternehmung, wobei unter „optimal" in der Regel diejenige Allokationder Ressourcen verstanden wird, bei der die Produktionskosten einer gegebenen Produktion ihr Minimum erreichen. Die traditionelle Produktionstheorie hat dieses Problem immer nur fur den Fall betrachtet, dafi die Unternehmung zwischen einer uendlich grofien, kontinuierlich aufeinanderfolgenden Zahl von Substitutionsmoglichkeiten wåhlen kann. Die Ermittlung der Minimalkostenkombination der Produktionsfaktoren gestaltet sich dann einfach. Die Eigenschaften dieser Kombination lassen

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sich unschwer mit den Mitteln der Differentialrechnung ausdrikken Die neuere Produktionstheorie ist einen wesentlichen Schritt weitergegangen,indem sie das gleiche Problem unter der in der Wirklichkeit håufig anzutreffenden Voraussetzung behandelt hat, dass die Unternehmungnur unter einer endlichen Zahl von Produktionsmoglichkeiten oder, wie man heute sagt, von Prozessen wåhlen kann. Das Allokationsproblemwird jetzt ein lineåres oder nicht-lineares Programmierungsproblemund ist mit den Mitteln der Infinitesimalrechnung nicht mehr zu behandeln. Die mathematische Technik, die dann zur Anwendung kommt, ist indessen nach wie vor Marginalanalyse, wenn auch von andererArt als die traditionelle Form der Marginalanalyse. Diese Technik,die darauf abzielt, das Maximum bzw. Minimum von linearen - und auch nicht-linearen - Funktionen unter Nebenbedingungen in Gestalt von Ungleichungen zu entwickeln, hat sich fur eine grofie Zahl betriebswirtschaftlicherFragestellungen als ausserordentlich fruchtbar erwiesen und die Losung von oft relativ einfach zu formulierenden Problemen iiberhaupt erst moglich gemacht.

Man mufi sich eigentlich wundem, dafi die okonomische Wissenschaft im allgemeinen und die Betriebwirtschaftslehre im besonderen so lange nur mit kontinuierlichen Funktionen gearbeitet und den Variationsbereich der relevanten Variablen nicht expressis verbis angegeben hat. Ivar Jantzen hatte bereits in seiner Abhandlung „Voxende Udbytte i Industrien" (1923) bei der Entwicklung des Harmoniegesetzes - und auch des Technikgesetzes - auf die Bedeutumg der Tatsache hingewiesen, dafi gewisse Produktionsfaktoren nur diskontinierlich variiert werden konnen und daraus wichtige Schliisse fur den Verlauf des Kostenfunktionen gezogen. Auf der anderen Seite war es selbstverståndlich, dafi die Kapazitåt einer Unternehmung bzw. einzelner Abteilungen der Produktion eine obere Grenze setzt, woraus sich wieder Konsequenzen fiir den Losungsbereich eines Problem ergeben. Doch hat erst die jiingste Entwicklung der Produktions- und Kostentheorie diesen Diskontinuitåten und Grenzen fiir das Variationsinterwall von Variablen wirklich Rechnung getragen und dadurch die praktische Leistungsfåhigkeit der theoretischen Modelle wesentlich erhoht.

Ich beriihre damit eine Entwicklungsphase der Theorie der Unternehmung - und der okonomischen Theorie im allgemeinen -, die man als die Wendunig von der verstehenden zur operationellen Theorie bezeichnen konnte. Wir wollen heute nicht nur Zusammenhånge verstehen,sondern mit unseren Modellen zugleich praktisch anwendbare Werkzeuge schaffen. Was heute mit dem Begriff „Operationsanalyse"

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bezeichnet wird, ist nichts anderes als ein Name fiir derartige anwendbareTheorien. Die starke Betonung des Operationellen in der heutigen Betriebswirtschaftslehre darf naturlich nicht dazu verleiten, den ålteren Theorien jede operationelle Bedeutung abzusprechen. Fritz Schmidts organische Bilanztheorie - ein wesentlicher Beitrag zur allgemeinen Theorie der Kapitalerhaltung (maintenance of capital) - war ebenso operationeli gedacht, wie Schårs Lehre vom toten Punkt oder Jantzens Lehre von den Deckungspunkten. Aber den Theorien lagen sehr einfache Voraussetzungen zugrunde. Mit den heutigen Methoden sind wir in der Lage, kompliziertere Fragen in den Griff zu bekommen und praktisch zu losen.

Man betrachte etwa die Theory of Inventory Management, wie sie in den letzten 15 Jahren von verschiedenen Forschern entwickelt worden ist1). Unter sehr einfachen Voraussetzungen - u.a. unter der Annahme gleichmåSiger Verminderung des Lagerbestandes - wurde eine Formel fiir die wirtschaftliche Losgrofte einer Serie entwickelt, die Allgemeingut geworden ist. Das gleiche gilt giir die wirtschaftliche Bestellmenge eines Werkstoffes. Erst 1938 wurde folgende Frage ausgeworfen: Fiir eine Unternehmung mit der Kapazitåt C pro Zeiteinheit und einem Anfangslagerbestand Lo ist die geplante Absatzkurve v (t), d. h. die Kurve gegeben, die die Hohe des erwarteten Verkaufs in jedem Zeitpunkt t fiir die Periode O t T zeigt. Gesucht wird diejenige Produktionskurve x (t), welche die produktionsmåfiige Bewåltigung des Verkaufsplanes mit den geringsten Kosten gestattet. Es geht hier dårum, herauszufinden, welche Lagerbestånde in den verschiedenen Zeitpunkten der betreffende Periode gehalten werden sollen. Schon dieses typische Programmierungsproblem, das mit einer einzigen Absatzkurve bei einem vorgegebenen Preis arbeitet, ist nicht ganz leicht zu losen2). Welche komplizierten mathematischen Oberlegungen bei nur geringer Variation der Voraussetzungen, z. B. bei der Annahme variablen Verkaufspreises, erforderlich werden, um zu .operationellen Losungen vorzudringen, hat erst die neuere Forschung deutlich gemacht3).



1) Ein gutcs Bild dieser Entwicklung zeichnet Th. M. Within in seinem ausgezeichncten Buch „The Theory of Inventory Management". 2. Auflage, 1957. Princeton University Press. Ferner: Arrow-Karlin-Scharf, Studies in the Mathematical Theory of Inventory and Production. 1958. Stanford University Pres; vor allem Part I.

2) Siehe hierzu: E. Schneider und B. Jessen, Absatz, Produktion und Lagerhaltung bei einfacher Produktion. Archiv fiir mathematische Wirtschafts- und Sozialforschung. Bd. IV, 1938. Ferner: Th. M. Within, 1 c, S. 242.

3) Arrow-Karlin-Sharf, 1. c.

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Die gleiche Entwicklung zeichnet sich in anderen Gebieten ab. Die Theorie der Investition, die Anfang der 40-er Jahre in Europa und in den USA entwickelt wurde, ist in der jiingsten Vergangenheit yon verschiedenen Seiten durch neue Fragestellungen bereichert worden. Vor allem ist das Ersatzproblem, d. h. die Frage nach dem wirtschaftlichsten Zeitpunkt fiir den Ersatz einer alten Maschine von einer Reihe von Forschern (Honko, Johansson u. a.) erneut in Angriff genommen und unter Einbeziehung weiterer Voraussetzungen, wie Beriicksichtigung schwankenden Geldwertes, Einbeziehung der Besteuerung behandelt worden. Man hat weiter versucht, das alien Investitionsplanungen zugrundeliegende Unsicherheitsmoment expliziter als bisher in die Überlegungen einzufiihren (z.B. neuerdings Albach und Masse), ohne jedoch zu praktisch bedeutsameren Verfahren vorzudringen.

Im internen Rechnungswesen beherrschen nach wie vor Planung und Plankontrolle das Feld der Forschung. Zwar scheint die Frage, ob die Plankontrolle Stiickkontrolle oder Abteilungskontrolle sein soil, heute nicht mehr kontrovers zu sein. Offen ist aber, wie es scheint, immer noch die Frage, ob in der Planung und Plankontrolle der Vollkosten- oder der Grenzkostenrechnung das Primat gebiihrt. Das Problem wurde bekanntlichzuerst von Schmalenbach aufgeworfen und zugunsten der marginalen Betrachtumgsweise entschieden. 1937 wies Rummel darauf hin, dafi die Grenzkostenrechnung deutlich gemacht håbe, dafi fur die Gewinnplanung allein die Grenzkosten und Grenzumsåtze - generell: Grenzwerte - relevant seien und es deshalb unnotig sei, die festen Kosten den einzelnen Stikken zuzurechnen. Es geniige, die festen Kosten als Block zu verrechnen. Diese Auffassung hat neuerdings in Gestalt des „Contribution Margin Approach" (N.A.C.A. Bulletin 1951) und des „Direct Costing" sowie der „Standard-Grenzpreisrechnung" (Bohm und Wille) zahlreiche Vertreter gefunden. Da in der Programmplanung das Denken in Grenzwerten einen zentralen Platz einnimt, mufi auch die Plankontrolle auf die Kontrolle der relevanten Grenzwerte abgestellt sein. Nun hat ja bekanntlich schon J. M. Clark in seiner klassischen Studie„The Economics of Overhead Costs" darauf aufmerksam gemacht, dafi man fiir „different purposes different costs" benotigt Die einseitige Basierung aller Planungsiiberlegungen - und damit auch der Planungskontrolle - auf Grenzwerten ist deshalb nicht ohne Kritik geblieben. Hier liegt noch ein weites Feld fiir fruchtbare Diskussionen, wobei vor allem praktische Gesichtspunkte eine nicht unbedeutende Rolle spielen werden.Die Diskussion kniipft im iibrigen damit wieder an Gedankengångean, die schon friih im Rechnungswesen - man denke etwa an den

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von Jantzen u. a. entwickelten Begriff des „Beitrages" - eine Rolle gespielthaben
und Gegenstand eingehender Erorterungen gewesen sind.

Die Probleme der Programmierung in einer Unternehmung haben in der jiingsten Entwicklung dadurch eine besondere Note erhalten, dafi sie Bestandteile einer umfassenderen Theorie der wirtschaftlichen Entscheidungen geworden sind (H. A. Simon u. a.). Fragen der Preispolitik, oder allgemeiner: der Absatzpolitik, der Kosten- und Investitionsplanung gehoren ebenso hier hin, wie die Probleme der Finanzplanung, der Lagerbestandsplanumg usw. Es versteht sich von selbst, dafi derartige Planungen neben den eigenen Aktionsparametern auch die Aktionsparameter konkurrierender Unternehmungen oder generell: soleher Unternehmungen beriicksichtigen miissen, deren Aktionen den Erfolg des eigenen Unternehmens fiihlbar beeinflussen. Rasmussens Parametertheorie oder Martin Shubiks Strategy and Market Structures - um nur zwei Beispiele zu nennen - haben hier neue Wege gezeigt, die fruchtbare Ergebnisse erwarten lassen. Ob freilich die Theorie der Spiele sich fiir diese Probleme alt operationeli bedeutsam erweisen wird, bleibt abzuwarten.

In engem Zusammenhang mit den Entscheidungsproblemen steht das in den letzten Jahren ståndig wachsende Interesse an der Simulation der Prozesse und Vorgånge in der Unternehmung und des Verhaltens von Individuen und Gruppen. Wenn es sich hier auch um nicht anderes handelt als um die Konstruktion von Modellen, d. h. von Nachbildungen der wirklichen Vorgånge, so sind diese neueren Entwicklungen doch schon deshalb mit Aufmerksamkeit zu verfolgen, weil hier Ansåtze zu Methoden sichtbar werden, die darauf abzielen, komplizierte Ablåufe in der Unternehmung, soweit sie quantifizierbar sind, rechnerisch zu verfolgen. „The advent of computers in general and the techniques of simulation in particular open up possibilities for the growth of a new scientific institutional economics. The next few years should see a considerablechange in data organization and information processes within firms Further simulation studies •■ • ■ promise to provide the way to add the richness (in terms of explicit consideration of information costs, marketing variables, organizational structure and so forth) needed to obtain adequate theories of the firm, pricing and market structure"4). In diesen Rahmen gehoren auch diejenigen Untersuchungen, die sich bemuhen, die bisher in der Theorie der Unternehmung gemachten Annahmeniiber



4) M. Shubik, Simulation of Industry. American Economic Review. Vol. L., 1960, S. 917 f9lB.

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nahmeniiberdie Verhaltensweisen und Zielsetzungen von Unternehmungenzu
testen (Bjarke Fog u.a.).

Die Bedeutung dieser Entwicklungen kann nicht hoch genug eingeschåtzt werden. Sie haben Bereiche der unternehmerischen Aktivitåt der rationellen und rechnerischen Behandlung zugånglich gemacht, sowie Moglichkeiten der Kontrolle unternehmerischen Handelns eroffnet, die ihr bisher nicht zugånglich waren. Gleichwohl diirfen sie nicht iiberschåtzt werden. Die beste operationelle Theorie ist kein Ersatz fur das Fingerspitzengefuhl des Unternehmers. Aber es ist schon ein Gewinn, wenn es gelingt, die Grenze des Erkennbaren und des der Ratio zugånglichen Bereiches, wenn auch nur ein wenig, hinauszuschieben. In dieser Beziehung hat die Betriebswirtschaftslehre in den vergangenen 25 Jahren einige bemerkenswerte Erfolge aufzuweisen, iiber die in den folgenden Beitrågen im Detail berichtet werden wird.