TY - JOUR AU - Rajewski, Zdzistaw PY - 1958/12/18 Y2 - 2024/03/28 TI - Arkæologisk forskning i Biskupin JF - Kuml JA - Kuml VL - 8 IS - 8 SE - Artikler DO - 10.7146/kuml.v8i8.102767 UR - https://tidsskrift.dk/kuml/article/view/102767 SP - 21-62 AB - <p><strong>Forschungsergebnisse über die Besiedlung der »Lausitzer« Kultur in Biskupin und Umgegend.</strong></p><p>Einleitung.</p><p>Das Dorf Biskupin liegt etwa 90 km von Poznań entfern im Kreise žnin, auf der Linie Poznań­Bydgoszcz. Die systematischen und planmassigen Untersuchungen der Gegend begannen in Biskupin im Jahre 1935. Ausser sog. Flächenuntersuchungen, Untersuchung über Funde, Ortsnamen, Volkssagen, Sammeln von Schriftquellen, etnographischem Material, Unterlagen über Holz- und Steinarchitektur, Forschen nach kartographischem Material, sowie die Gegend betreffenden Aufreichnungen in der älteren Literatur, führte man intensive und planmässige Ausgrabungsarbeiten. Diese umfassten nicht nur die Halbinsel des Biskupiner Sees, welche Überreste der bekannten Wehrsiedlungen der »Lausitzer« Kultur der frühen Eisenzeit (fig. 1) und Siedlungsreste aus der Zeit der spätrömischen Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters bis zum XI Jhdt. birgt, sondern auch mehrere Stellen im Gebiet von Biskupin und Umgegend sowie auch die übrigen Teile des Landkreises und dessen Grenzgebiete. lnsgesammt wurden im Gebiet des Kreises žnin, dessen Fläche ca. 750 km<sup>2</sup> (fig. 2) beträgt, bisher ungefähr 1300 Punkte mit Siedlungsspuren festgestellt, die bereits im Epipaläolithicum ihren Anfang nehmen und bis ins XVI Jhdt. reichen und in Biskupin über 35 Fundstellen auf einer Fläche von nur 750 Hektar (fig. 3) mit See rechnen.</p><p>An den Untersuchungen dieses Gebietes und des Ausgrabungsmaterials waren und sind ausser den Archäologen weiterhin auch Geographen, Geologen, Paläo-Botaniker, Dendrologen, Zoologen, lchtyologen, Anthropologen, Metallographen, Chemiker, Physiker, Historiker, Kunstgeschichtler und Etnographen beteiligt.</p><p>Die methodischen Voraussetzungen der Untersuchungen dieses Gebietes basieren auf Nachforschungen allen menschlichen Wirkens und dessen Entwicklungsbedingungen. Diese Forschungen bemühen sich, die Siedlungsgruppen festzustellen, die nicht nur die Siedlung selbst und ihre Bestattungsplätze umfassen, sondern auch die Stellen zur Gewinnung der Rohstoffe und Ausbeutung, spezielle Herstellungs- und Verarbeitungsstätten, sog. »Schätze«, Gruppenfunde, sowie sog. »verlorene Funde«. Die Untersuchungen umfassen auch besondere Einrichtungen der Wirtschaft, der Verteidigung, des Verkehrs, sowie Strassennetze und Kultplätze. Zwei Hauptelemente: einerseits die Untersuchung der Siedlungsgruppen, (Siedlungs-Komplexe) sowie andererseits die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Naturwissenschaftlern, Technikern und Historikern, können schliesslich zu einer vollen Ausnutzung des gesammten Quellen materials führen. Nur dank dieser Forschungsmethode allein kann man zur vollen Kenntnis einer Bevölkerung und ihres Lebensraumes gelangen.</p><p>In Biskupin wurden ausserdem eine Reihe methodischer Neuerungen und technischer Verbesserungen angewandt. So wurden z. B. grosse Flächen von 500-3000 m<sup>2</sup> Siedlungskulturschichten freigelegt. Aber unabhängig davon wurden gleichzeitig auch kleinere Flächen von 1 m<sup>2</sup> - 5 m<sup>2</sup> - 25 m<sup>2</sup> - 50 m<sup>2</sup> freigelegt, wo man verschiedene Auswertungsmethoden anwandte zur Untersuchung der Kulturschicht sowie zur Lokalisierung und Registrierung der Fund gegenstände. Es wurden z. B. auf einem ar (ca 90 m<sup>2</sup> Kulturschicht) alle Gegenstände in der Anzahl von ca 32.000 Stück mit einer Genauigkeit von 1-3 cm in der Senkrechten und Waagerechten lokalisiert. lhre Lage wurde auf einem Plan und in Heften notiert und dann auf Platten im Verhältnis 1:25 übertragen. Dank dieser methodischer Untersuchungsart erhielt man Angaben über die Verteilung der keramischen Fundgegenstande z. B. zerstreute Teile eines Gefässes auf der Fläche von 90 m<sup>2</sup> in der Senkrechten sowie in der Waagerechten. Gleichzeitig lokalisierte man Gegenstände mit der Genauigkeit von 1 m<sup>2</sup> in der Waagerechten und 1-5 cm in der Senkrechten, wodurch man quantitative und qualitative Hinweise zur »Lausitzer« Keramik, sowie auch zum gegenseitigen zahlenmässigen Verhältnis der einzelnen Gefässe erhielt. lm Rahmen der Geländedokumentation, der ein grundsätzlicher Massstab von 1:10, 1:1, und 1:100 zu Grunde lag, führte man besonders einfallreiche Vorrichtungen zum Zeichnen von Planen und Profilen, - (hauptsächlich vielfarbig) im Masstabe 1:10 - ein. Ausser der zeichnerischen, fotographischen und gefilmten Dokumentation im Gelände und ausser Tagebüchern wurden auch im Felde Karthotheken und lnventare der beweglichen Fundstücke unter Berücksichtigung ihrer Zusammengehörigkeit pro ar, Haus, Grube etc. oder auch kleinerer Masseinheiten, sowie Ihrer Funktion als bewegliches Objekt angefertigt. In Biskupin wurden im Jahre 1935 auch Unterwasserforschungen durchgeführt unter Teilnahme von Tauchergruppen in kompletter Ausrüstung. Neuerdings wurden auch Flossen-Taucher eingesetzt. Die fotographischen Aufnahmen wurden von speziellen Leitern aus durchgeführt, aus einem Ballon von 3 m Durchmesser, der nur einen Fotoapparat mitführte sowie von Fesselballons und Flugzeugen.</p><p>lm Zusammenhang mit der Aufdeckung von Objekten verschiedenartiger Funktionen wurden zur Aufklärung einiger Erscheinungen und primitiver Techniken methodische Versuche durchgeführt: z. B. die Technik des Gefässformens in der Hand und Drehens auf der Töpferscheibe sowie das Ausbrennen von Gefässen, Bearbeitungsarten von Holz, Horn, und Knochen, Techniken des Bronzeabgusses, Rohteergewinnung, Fishräuchern, Backen von Fischen am offenen Feuer in der Hütte, Kornmahlen u. s. w. Ferner wurde eine Hütte mit Hausinventar verbrannt, um diese dann als Objekt späteren Ausgrabungsstudien zu überlassen. Für Spezialisten wurde eine besondere Ausstellung der Keramiktechniken veranstaltet.</p><p>Biskupin eignet sich auf Grund der Ausgrabungsgebiete mit seinen Einrichtungen und Unterkunftsmöglichkeiten für Geländepraktiken und Studentenschulungslager zum Studium archäologischer Geländemethodik. In der Zeit von 1951-56 nahmen an solchen Schulungen ca 380 zukünftige polnische Archäologen, sog. klassische Archäologen und Etnographen teil. (Archeologiestudenten nahmen auch an etnographischen Schulungslagern teil.)</p><p>Im Jahre 1957 fand dort für junge Archäologen, die in Museen beshäftigt sind, ein Seminar über allgemeine und archeologische Museumskunde statt. Die Einrichtungen von Biskupin können 90 Personen Unterkunft und Verpflegung bieten. Die Ausgrabungsstatten sind von grossem Interesse für Besucher des In- und Auslandes. In der Zeit von 19 Saison - Abschnitten besuchten Biskupin ca 600.000 Personen.</p><p>Ausser den aufgedeckten Teilen des Ausgrabungsgebietes der Halbinsel (fig. 4) befindet sich dort ein Teil der in natürlicher Grösse rekonstruierten Wehrsiedlung aus der frühen Eisenzeit: 2 Häuser, ein Teil des Wehrwalles, das Tor, die Zugangsbrücke, Teile zweier Querstrassen und der Ringstrasse (fig. 5). In den Häusern befindet sich eine Ausstellung der Fundgegenstände aus den Wehrsiedlungen (fig. 6). In einer Baracke von 380 m<sup>2</sup> zeigt eine zweite Ausstellung den Entwicklungsgang der Besiedlung von Biskupin und des übrigen Landkreises žnin vom Epipaläolithicum bis zum Mittel-alter, sowie eine verkürzte Zusammenfassung der Forschungsgeschichte und Untersuchungsmethoden (fig. 7). Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees im Dorfe Wenecja (Venedig) wurde neben den Ruinen eines gotischen Schlosses aus dem XIV Jhdt. eine kleine Feldausstellung eingerichtet, die die Geschichte des Feudalherren Nikolaus vom Stamme Naƚecz, dem sog. »Blutigen Teufel von Wenecja« darstellt. Eine zweite Ausstellung befindet sich in Gasawa, 2½ km von Biskupin entfern, die die Geschichte des Fürsten Leszek Bialy und seine Ermordung auf dem Fürstentreffen in Gasawa im Jahre 1227 erläutert. In Vorbereitung sind folgende Rekonstruktionen: Auf einer Anhöhe am See die Wiederherstel­lung eines Baues der Bandkeramikkulturzyklus aus dem Neolithicum (p. 61) sowie die Wiederherstellung eines »Krals« aus der frühen Bronzezeit auf einer Sandhöhe (p. 59).</p><p>lm Dorfe Biskupin, in einem Holzhause aus dem Jahre 1820, das dieselbe Bauweise aufweist, wie die Häuser der Siedlung aus der frühen Eisenzeit, soll eine kleine etnographische Ausstellung eingerichtet werden. lm Project ist ausserdem noch eine Ausstellung in žnin, die die Geschichte der Stadt zum Thema hat, und Ausstellungen über berühmte Persönlichkeiten dieses Landkreises.</p><p>Bringt man nun die Kunstdenkmäler der Holz- und Steinarchitektur sowie eine Reihe von Burgen mit dem natürlichen Wasserstrassennetz: Gasawka, Seen, Notéc und ihre Verbindung mit der Warte, der Oder und der Weichsel in Zusammenhang, so zeichnet sich eine archeologisch-historische Linie ab, die wir als einen heimatkundlichen Wanderpfad in Betrieb zu setzen gedenken.</p><p>Auf der Halbinsel von Biskupin befinden sich ausser dem Ausstellungsgelände ein Expeditionslager mit wissenschaftlichen und technischen Arbeitsraumen, sowie die Wohnung des Aufsehers. lm Dorfe Biskupin auf einem 70 ha grossen Landwirtschaftsgelände der Universität in Poznan, welches für archeologische Ausgrabungszwecke freigegeben wurde, befinden sich: ein Lagerraum für Fundstücke, das Dokumentationsarchiv, eine Handbibliothek, technische Arbeitsräume für die Winterzeit, die Garagen und Gastzimmer. Alle Unterkünfte im Dorfe u. auf der Halbinsel sind an das elektrische Lichtnetz angeschlossen. Organisationsmässig befindet sich in Biskupin eine Abteilung des Staatlichen Archäologischen Museums in Warszawa, eine Station der Sektion für polnische Archäologie des Institut für Materielle Kulturgeschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften.</p><p>lm Jahren 1934-1939 wurden die Forschungsarbeiten von Prof. Dr. Josef Kostrzewski und Dr. Zdzislaw Rajewski geleitet. Während der Okkupationszeit wurden Ausgrabungsarbeiten einige Wochen lang unter Kontrolle von SS-Truppen durch Obersturmführer H. Schleif geführt. Seit 1946 leitet die Forschungsarbeiten Prof. Dr. Zdzisƚaw Rajewski. Seit 1949 in Verbindung mit den Gesammtpolnischen Forschungen über die Anfänge des Polnischen Staates, deren Programm auch das frühmittelalterliche Biskupin einschliesst, konzentrierten sich die Ausgrabearbeiten hauptsächlich auf die Freilegung der Überreste der frühmittelalterlichen Besiedlung der Halbinsel und ihrer Umgebung.</p><p>Während des Krieges fielen 8 Mitglieder der Expeditionsmannschaft, 4 Archäologen, 1 Paläobotaniker, 1 Verwaltungsangestellter, 1 Präparator und 1 Zeichner. Ein Teil der Dokumentation und Fundstücke gingen verloren, sowie alle Arbeitsgegenstände (u. a. der Ballon für Fotoaufnahmen), einige Einrichtungen und ein Teil der Rekonstruktionen wurden zerstört. In den letzten Jahren mussten die Ausgrabungsarbeiten bedeutend begrenzt werden wegen Mangels an Arbeitskräften.</p><p>Bisher hat man keine Lösung gefunden zur Konservierung in situ von Holzteilen der Wehrsiedlungen der frühen Eisenzeit. Zur Zeit laufen noch Laboratoriumsversuche zur Konservierung von Holz mit Hilfe der elektro-kinetischen Methode, die auf Petrifizierung von Ausgrabungshölzern beruht.</p><p>Die Besiedlung von Biskupin und seiner nächsten Umgegend umfasst die Zeit vom Ende des Epipaläolithicums (Besiedlung verbunden mit der sog. Swiderienkultur) bis ins XVI Jhdt. ungeachtet der späteren Zeiten. lm Bereich der Archäologie erreichte man die meisten Quellenhinweise für die Kenntnis neolithischer Siedlungskulturen aus dem Kreise der Bandkeramik, der Trichterbecher- und Kugelamphorenkultur (fig. 8). Ausserdem wurden Besiedlungsreste der Schnur- und Kammstichkeramik festgestellt. Aus der Bronzezeit wurde hier insbesondere die Besiedlung der frühen Bronzezeit bestätigt an Hand des ersten Objektes seiner Art des sog. »Krals« für Vieh und Heerden vom Typ Iwno (fig. 9 og 27).</p><p>Das umfangreichste archäologische Material gewann man zur Erforschung der »Lausitzer« Siedlung der frühen Eisenzeit (Wehrsiedlungen auf den Sumpfinseln Biskupin und Izdebno aus der Hallstattzeit D und Sobiejuchy auf einer sandigen Insel aus der Hallstattzeit C). (fig. 10). Auf diesem Gebiet sind auch die Steinkisten- und Glockengräberkultur vertreten. Aus der späteren Latenezeit und frühen römischen Zeit treten hier Siedlungs- und Bestattungsplätze (Skelett- und Brandgraber) auf, wovon einige Skelettgräber wahrscheinlich Kelten bergen.</p><p>Die Besiedlung der spätrömischen und der Völkerwanderungszeit, die sich am Biskupiner See in Gestalt einiger Siedlungen und Bestattungsplätze konzentriert, ist von besonderer Wichtigkeit für das Frühmittelalter. Seit Beginn des V Jhdts. wird die Halbinsel des Biskupiner Sees zur festen Siedlung einer Gruppe wohlhabender Familien, die sich diesen durch seine natürliche Lage zur Abwehr günstigen Ort nutzbar machen. In einer Siedlung aus dem V. Jahrhundert fand man ölandische Fibeln und aus dem VI Jhdt. fand man hier u. a. kleine eiserne Dolche mit Gehänge, eine sog. Gotländische Fibel und einen Bronzering. Diese Fibel steht in Verbindung mit den bekannten Gräbern von Wapno (30 km von Biskupin entfernt), wo man Goldgegenstände fand, u. a. skandinavische Brakteaten, was vielleicht ein Beweis ist für die Anwesenheit einer primitiven »Staatsorganisation« mit einem Fürsten und seiner Gefolgschaft an führender Stelle.</p><p>Im VII Jhdt. entsteht auf der Halbinsel eine Siedlung, die von dem übrigen Gelände durch eine später ausgebesserte Palisade getrennt und durch ein Verhau von Holzpfählen geschützt ist. Hier fand man unter anderem drei awarische Metaligegenstände.</p><p>Im VIII bis IX Jhdt. entsteht auf der Halbinsel eine 1/4 ha grosse Burg mit Vorburg von ca ½ ha, und im X Jhdt. eine kleine Burg mit einer weitausgedehnten Vorburg daneben. Dieser Feudalsitz, der das Zentrum eines bestimmten wahrscheinlich grossfürstlichen Güterterritoriums darstellte, wird gegen Ende des XI Jhdts. liquidiert.</p><p>Anfang des VI Jhdts. entstehen auf den Sandhügeln am See einige Siedlungen, wo Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe betrieben werden, sowie Produktions- und Verarbeitungs- stellen, z. B. aus dem IX-X Jhdt. stammende Plätze mit einigen zehn Teergruben und Räucher­plätzen für Fische und Fleisch (ca 60 Räuchergruben).</p><p>Ende des XI Jhdts. schenkt der Fürst dem Erzbischof von Gnesen einige Dörfer, was später durch die Bulle Papst Innozenz II im Jahre 1136 bestätigt wird. Hierin wird eins der Dörfer Starzi Biskupici - Alte Bischofsleute – benannt. Dieses Dorf, das von 22 Siedlerfamilien bewohnt war, wurde auf einem breiten Sandhügel am See entdeckt. Im Jahre 1325 gründet der Erzbischof das Dorf auf neuen Rechten im Gelände des heutigen Dorfes Biskupin (Bischofsdorf), dessen Name bis heute geblieben ist. Ausser den Forschungen in Biskupin wurden auch Ausgrabungsarbeiten in den Ruinen eines Schlosses aus dem XIV Jhdt. in Wenecja auf der Enge zwischen den Seen von Biskupin und Wenecja durchgeführt. Dieses Schloss erbaute der reiche Feudalherr Nikalaus, Kastellan und Richter vom Stamme Naƚecz mit dem Beinamen »der blutige Teufel von Wenecja«. Mit dieser Ausgrabung endeten vorläufig die archäologischen Interessen in diesem Gebiete, soweit sie das Mittelalter betreffen.</p><p>Man befasste sich auch mit der Quelle am See, wo festgestellt wurde, dass sie zur Zeit der Trichterbecher -, der Lausitzer Kultur und von der Latenezeit bis zum Mittelalter benutzt wurde. An der Quelle fanden auch Kulturhandlungen (in Verbindung mit dem Wasserkult) statt. Ausser zahlreichem Material zur Erforschung der »Lausitzer« Kultur gewann man die umfangreichsten archäologischen und schriftlichen Quellen zur Ergründung der frühmittelalterlichen Besiedlung. Man hat festgestellt dass die Aufeinanderfolge der Besiedlung sich in vielen Zeitabschnitten abspielte, und dass man bemüht war, die Ansiedlung hauptsächlich am Biskupiner See zu konzentrieren. Dieser gehört zu der Seenkette, die von dem Flüsschen Gasawka durchflossen wird, welches schliesslich in die Noteč mündet.</p><p>In den Seen- und Flussniederungen tritt hier meistens eine Siedlungsart auf, die ausser den Inseln auch die trockenen Talhügel ausnutzte. Dieser Artikel befasst sich mit Berichten der Ergebnissen betr. der Besiedlung in älteren Zeiten. Er beschränkt sich auf die im Verhältnis zu anderen nur am besten bekannten und wichtigsten Siedlungspunkte dieses nicht grossen Gebietes des Dorfbezirkes Biskupin, der mit dem See zusammen ca 750 ha gross ist. Dieses Gebiet gehört zu dem Lande, das man nennt »Paƚuki« oder Paƚuker Land. Es ist die Bezeichnung für das wellige Land zwischen Seen und Wiesen, das im nordlichen Teile Wielkopolska (Grosspolen) sich verbreitet.</p><p> </p><h2>Die »Lausitzische« Besiedlung von Biskupin und Umgegend zur frühen Eisenzeit.</h2><p>Für die Erforschung der »Lausitzer« Besiedlungsentwicklung, ihres Charakters und mittelbar auch der »Lausitzer« Kultur als solcher in einem festumrissenen europäischen Gebiet sind die Forschungsergebnisse von Biskupin, Izdebno und Sobiejuchy im Kreise žnin von grosser Bedeutung.</p><p>Die drei auf Seeinseln erbauten Wehrsiedlungen stammen aus der frühen Eisenzeit. Von diesen war die weitausgedehnte Siedlung von Sobiejuchy mit einer Fläche von 6 ha, die alter ist als die übrigen, in der Hallstattzeit C bewohnt, während Biskupin und Izdebno in der Hallstattzeit D bewohnt waren. Letztere nehmen eine Fläche von je ca 2 ha, d. i. ca 20.000 m<sup>2</sup> ein. Alle diese Siedlungen wurden wieder neu afgebaut, wobei die Siedlungsschichten von Biskupin und Izdebno in der älteren Phase weniger Siedlungsüberreste enthalten als in der neueren. Das ist eine Beweis für die längere Lebensdauer der jüngeren Wehrsiedlungen.</p><p>In Sobiejuchy und Izdebno, ähnlich wie in Biskupin, stellte man eine Befestigung der Insel durch sog. Wellenbrecher fest (fig. 11). Ferner fand man einen Wehrwall, Strassen, eine Ringstrasse langs des Walles und enggedrängte Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Der sandige Grund von Sobiejuchy ermöglichte die Ausgrabung von Kellern und Gruben für wirtschaftliche Zwecke. Die bebaute Gesammtoberfläche von Biskupin beträgt ca 20.000 m<sup>2</sup> (fig. 12), das ist die ganze Insel mit einer Länge von ca 200 m und einer Breite von ca 160 m. Die im Aufriss ovale Insel (fig. 13-14) umgibt ein sog. Wellenbrecher, der aus einer ganzen Reihe von Eichen­pfählen besteht, die im Winkel von 45° eingerammt sind. Dieser Bau, der über 35.000 Pfähle zahlt, schützte die Ufer der Insel vor Überschwimmungen und Eisschollen, und erschwerte Angreifern den Zugang zum Wall. Der nordwestliche Teil der Insel war mit Rücksicht auf die vom Winde getriebenen Eisschollen durch zusätzliche Eisbrecher geschützt, die aus einigen Hundert Pfählen bestanden. Als Zugang zu dieser Wehrsiedlung diente eine Brücke aus Eichenholz (fig. 15), die vom Südufer des Sees zum südwestlichen Teil der Siedlung führte, wobei sie die Wellenbrecher überquerte. Das Tor (3 m breit), dem ein Turm in Linie des Wehrwalles aufsass, versehen mit Flügeltüren (fig.· 5), wurde in seiner Verlängerung in der Einfahrt durch Pfähle gesichert (in einer Länge von 9 m). Neben dem Tor befanden sich eine kleine Anlegestelle und ein Platz für häusliche Arbeiten. Der Wall, 3-3,5 m breit, war auf Holzbohlen aufgebaut und setzte sich aus einer kistenförmigen Holzkonstruktion zusammen, deren Eichenstangen durch Blockverband miteinander verbunden waren (fig. 16). Er hatte eine Höhe von 5-6 m und lief parallel zum Wellenbrecher. Die Bindungen des Walles waren an der Aussenlinie durch Eichen­pfähle geschützt. Am Fuss des Walles (463 m Länge) und auf ihm lagen Haufen von Wurfsteinen. Der Wall war gekrönt mit einer Brustwehr für die Verteidiger. Alle Wehr- und Schutzeinrichtungen nahmen fast 7000 m<sup>2</sup>, also 34% der bebauten Gesammtoberfläche der Siedlung ein. Der innere Bauplan der Siedlung stützte sich auf ein System von Strassen und Häuserreihen.</p><p>Die elf parallel ungefähr in nordwestlicher Richtung laufenden Querstrassen waren mit der langs des Walles in gleicher Richtung gehenden Ringstrasse verbunden (fig. 1 und 11), die die Hauptverkehrsader bildete. Die Strassen waren 2,8-3,2 m breit und mit Eichen- und Kiefer­stämmen ausgelegt, die auf langen Tragbalken ruhten (fig. 17). Die Gesammtlänge der Strassen betrug 1197 m. Zwischen der 7. und 9. Strasse befand sich ein Platz, von ca 360 m<sup>2</sup>, der für verschiedene öffentliche Versammlungen bestimmt war. Auf seiner Südseite stand ein kleines Gebäude von 20 m<sup>2</sup> Fläche das wahrscheinlich zur Aufbewahrung des Sonnenwagens diente. Die Flächengrösse der Strasse und des Platzes betrug ca 4600 m<sup>2</sup> und nimmt ca 23% der gesammten Baufläche ein. Langs der Querstrassen und längs des nördlichen (nach dem Umbau) und südlichen Abschnittes der Ringstrasse standen Häuserreihen mit nach Süden gerichteten Eingängen, was die leichte Biegung der Querstrassen miteinbegriffen von der Absicht einer Ausnutzung des Sonnenlichtes und der Sonnenwärme zeugt sowie auch gleichzeitig Windschutz hot.</p><p>Die Häuser, die ca 8 m breit und ca 9 m lang eine Wohnfläche von ca 80 m<sup>2</sup> besassen, waren in folgender Weise aufgestellt:</p><p>In die Eck- und Wandpfähle, die vor dem Einsinken geschützt und mit senkrechten Scharten versehen waren, wurden die Enden von Querbalken aus Eichen- und Kiefernholz eingelassen und mit Moos und Lehm abgedichtet (fig.18-19). Der Fussboden des Hauses, der aus geschälten Ästen und Rundhölzern aus Eichen- und Kiefernholz bestand, ruhte auf einem Unterbau aus Birken- und Erlenholz (Faschine), der gleichzeitig als lsolierungsschicht gegen den in bestimmten Jahreszeiten aufgenässten Boden diente (fig. 21). Die Fussböden sowie die Strassen waren mit Sand und Lehm bedeckt. Jedes Haus bestand aus zwei Teilen, dem Vorraum auf der Südseite (ca 20 m<sup>2</sup>) und dem Wohnraum (ca 60 m<sup>2</sup>) (fig. 20). Es besass rechts vom Wohnraumeingange eine Feuerstelle aus Steinen. Links vom Wohnraumeingang waren grosse gemeinsame Schlafstellen. Die Eingänge wurden mit Pforten aus Astgeflecht verstellt (fig. 21). Das Satteldach war wahrscheinlich mit Schilf bedeckt. In der Siedlung befanden sich ca 102-106 Häuser mit gemeinsamen Giebelwänden, die in 13 Reihen aufgestellt waren. Sie nahmen ca 8300 m<sup>2</sup>, d. i. 42 % der gesammten Siedlungsfläche ein. In dem bisher noch unerforschten Teil (ca 1/5) wurde bei Probeausgrabungen eine ähnliche Bauweise festgestellt. Zum Bau der ganzen Ansiedlung ist ca 8000 m<sup>3</sup> Bauholz, besonders Eiche, ferner Kiefer, Birke und Erle u. a., sowie 7000 m<sup>3</sup> Sand und Erde, ca 800 m<sup>3</sup> Lehm, von Steinen und Schilf abgesehen, verwandt worden. Das beträgt in der Gesammtzahl ca 1700 m<sup>3</sup> Baumaterial, das vorbereitet und dann auf die Insel transportiert werden musste.</p><p>Noch ungeklärt ist die Funktion des Steges im östlichen Teil der Insel, der ausser seiner Rolle als windgeschützte Anlegestelle, wahrscheinlich noch eine andere Bestimmung hatte.</p><p>Nach der Zerstörung der ersten Siedlung, - wahrscheinlich infolge von Kämpfen der Volksstamme untereinander, - wurde eine neue Siedlung nach demselben Grundbauplan aufgebaut, wobei man eine Menge noch brauchbaren Holzmaterials der vorherigen Siedlung benutzte. Die innere Nutzfläche wurde verkleinert, indem man längs der Ruinen des alten Walles einen neuen Wall aufbaute. In seine äussere Aufschüttung schlug man die Pfähle des Wellenbrechers, wodurch er bedeutend verbreitert wurde. Der Ausgang der neunten Strasse wurde direkt auf das Tor gerichtet, ein Abschnitt des Walles im nördlichen Teil wurde nur bis zu einer Haus­wand geleitet, und der Zugang zum Tor längs des Wellenbrechers in südöstlicher Richtung geführt. Einer Verkleinerung erlag auch die Baufläche der Häuser, die aus schlechterem Holz­material gebaut wurden, wobei man meistens bei den Eckpfeilern Blockverband anwandte und die verstärkten Wandbalken zwischen die Pfähle legte. Diese Siedlung erlag wahrscheinlich einem Skythenüberfall was durch ein Bronzestück skythischer Herkunft bewiesen werden kann.</p><p>Die Bevölkerung trieb Pflanzenzucht mit Hilfe kleiner Gespannpflüge und Hacken aus Horn und Holz ( 4 Weizensorten, 2 Gerstensorten, Hirse, Erbsen, Wicken, Saubohnen, Flachs, Mohn, Raps, Leinensamen), Hausviehzucht (75 % Knochen von Haustieren) schmalhörniges Vieh, Schweine, Torfschafe, Heidschnucken, Pferde, Ziegen. Man hielt auch grosse Hunde. Als Jagdobjekte dienten (ca 25 % Knochen wilder Tiere) Wildschweine, Hirsche, Rehe, Wölfe, Bären, Hasen, Füchse, Biber, Dachse, Fischotter und Wildenten. Vom Auerochsen fand man nur einen Schädelteil. Fischfang betrieb man mit Hilfe von Netzen und Angeln (Angel­haken aus Bronze). Gesammelt wurden u. a. essbare Pflanzen (viele Haselnüsse) Farb- und Heilpflanzen, Bellemniten für magische Heilzwecke, See und Flussmiessmuscheln. Den Bienen entnahm man Honig und Wachs. Die Bevölkerung benutzte Wasser aus der Quelle, wo bestimmte Bräuche vorgenommen wurden, die mit dem Wasserkult und Quellenkult in Verbindung standen.</p><p>Ausser Holzbearbeitungen für Bauzwecke wurden aus Holz vierräderige Wagen mit Speichenrädern, zweiräderige Wagen mit Scheibenrädern (fig. 22), Einbäume, Leitern, Pforten (fig. 23), grosse Liegepritschen für Schlafzwecken, Rahmen für Webstühle (fig. 24), Tröge (fig. 25), Hakenpflüge, Ölpressen, Schwimmer für Netze, kleine Wirtschaftsgegenstande, Waffenteile u. s. w. hergestellt. Als Material benutzte man meistens Horn hirschartiger Tiere und Tierknochen, besonders von wilden Tieren, aus Rücksicht auf ihre Stärke -: Hacken, Pflanzwerkzeuge, Hämmer, Griffe, Speerspitzen, Pfeilspitzen, die wahrscheinlich von Spezialisten angefertigt wurden, Zäume und Geschirrteile, Meissel, Grabstichel und einige Schmuckgegenstände. Aus Knochen: Ahlen, Glätter für Gerberei, Schraber (aus Rippen), Grabstichel, Schiffchen (zur Herstellung von Netzen), Lockflöten. Zähne von Bären, Wölfen, Fischottergebisse, Fischwirbel u. s. w. wurden durchlöchert und als Amulette getragen. Unter der Keramik fand man ausser einer Reihe von Typen von Haushaltsgefässen, die oft von metallischem Glanz, mit weisser Masse inkrustiert und mit geometrischer Ornamentik wersehen waren, nur zwei Gefässe mit figürlichen Scenen. Ausser Gefässen sind auch zahlreiche Untersätze zum »Kuchenbacken« vertreten, sowie Gewichte für Webstühle, Spindeln, kleine Gefässchen, Klappern, Kügelchen, Vogel- und Tierfiguren, Speichenräder von kleinen Sonnenwagen.</p><p>Stein diente zur Anfertigung von Mahl- und Reibesteinen, Steinbeilen, Feldherrenstäben, Glättern, Untersätzen und Wetzsteinen.</p><p>Überreste der Abgussproduktion in Gestalt von Tonformen für den Wachsabguss (Guss mit verlorener Form), festen Formen, Tontiegel, »kleine Steinambosse« und Bronzestäbe geben Zeugnis von einer örtlichen Produktion von Bronzegegenständen (kleine Äxte, Nähnadeln, Armbänder, Halsketten, Zierringe und Verzierungen zum Aufhängen, Ziernadeln, Geschirrteile). Es bigt keinen Nachweis dafür, dass einserne Gegenstände (Äxte, Sicheln, Ahlen, Schmuckgegenstände) an Ort und Stelle hergestellt wurden.</p><p>Unter den importierten Gegenständen ausser Bronze und Eisen fanden sich auch Schmucksachen aus Bernstein von der Ostsee einige gemalte Gefässe aus Schlesien, eine Ziernadel aus Thüringen, Bronze aus Italien und den Alpenländern, blaue Perlen, sog. ägyptische und Äxste skandinawischer Herkunft. Insgesammt fand man in den Siedlungsschichten ca 3 millionen verschiedener Gegenstände, besonders Scherben, Knochen, Steine u. a. ä. Der Bestattungsplatz der Siedlung lag auf einer Erhebung am nördlichen Ufer des Biskupiner Sees. Bisher entdeckte man dort eine Anzahl von Leichenverbrennungsstätten, die mit sehr bescheidenen Grabbeigaben ausgestattet waren. Der Bestattungsplatz wurde beim Pflügen grösstenteils zerstört. Seine Untersuchung würde ein ergänzendes Bild von der Kenntnis der Lebensweise der damaligen Bevölkerung ergeben.</p><p>lnsgesammt zählte die Siedlung 102-106 Haushalte. Wenn man auf eine Patriarchatsfamilie 10-12 Personen annimmt, die ein Haus bewohnten, so erhalten wir die Anzahl von annähernd 1200-1300 Einwohnern. Die Zahl der einzelnen Sippen ist schwer zu bezeichnen. Auf Grund der gleichartigen Flächenausmasse der Häuser lässt sich annehmen, dass bei der damaligen Bevölkerung schwache Vermögens- und Standesunterschiede herrschten, abgesehen von den Stammesältesten, dem Stammesführer, den Schamanen und wahrscheinlich den Metallgiessern, die sich von den gewöhnlichen Stammesmitgliedern unterschieden. Diese ökonomische und gesellschaftliche Situation bestätigen auch die Gräber auf den Bestattungsplätzen und Metallschätze.</p><p>Ausser den Wehrsiedlungen auf den Inseln wurden abgesehen von Bestattungsplätzen, sog. »verlorenen« Gegenständen und Schätzen eine Reihe kurzfristiger Siedlungen und »Lager« in der näheren und weiteren Umgebung festgestellt. Einige stammen aus der Zeit des Wehrsiedlungsbaues, andere entstanden wahrscheinlich in Verbindung mit verschiedenen Beschäftigungsarten, wie Ackerbau, Viehzucht, Fischfang, Waldnutzung, Kulthandlungen u. a.</p><p>Auf Grund der gewaltigen zahlen- und artsmässigen Unterschiede der Abfälle in den Wehrund »Lager« siedlungen kann man die Behauptung aufstellen, dass die Wehrsiedlungen in dem dazugehörigen ökumenischen Raum die einzigen immerbewohnten Wohnstellen waren. Die Lagersiedlungen dagegen waren zeitweillig angelegt für festgesetzte Aufgaben in Verbindung mit der Wirtschaft und bestimmten Arbeiten und Kultbräuchen. Nach dem Fall der Wehrsiedlung und der Auflösung der Organisationsbindungen, bauten die Bewohner offene Siedlungen, die auch nur von kurzer Dauer waren. Ein Beweis dafür ist das archäologische Material auf dem Gelände von Biskupin, wo sich einzig auf den Ruinen der Wehrsiedlung eine Siedlung bildete, die länger bestehen blieb, als die in der Umgegend. Dort fand man zwei Schätze mit Eisengegenständen.</p><p>Diese Erscheinungen treten auch in der Umgebung von anderen Wehrsiedlungen auf, so dass man sie als rechtmässige Folge in der Siedlungsentwicklung des »Lausitzer« Kulturbereichs anerkennen kann, wenigstens im Gebiet von Wielkopolska (Grosspolen).</p><p>Neben den Volksstämmen, die eine Wehrsiedlung besassen, existierten verstreute Volksstämme, bei denen eine so strenge Organisation nicht zustande gekommen war. Das waren wahrscheinlich »ärmere« Stämme, vor denen sich die »reicheren« Stämme in den Festungen, die Gebiete mit günstigeren Erd-, Wald-, Wasser- und anderen -Bedingungen besassen, behaupteten. Vielleicht waren diese Vorteile der Ökumene die Begründung für den Bau von Wehrsiedlungen zur Sicherung nicht nur des Besitztums und Lebens der Stammesgenossen, aber auch der ganzen Ökumene. Auffallend ist die besonders günstige lnsellage von Biskupin, Sobiejuchy, oder lzdebno, umgeben von einer Seenkette, die durch das Flüsschen Gasawka miteinander verbunden sind. Die Bedrohung durch benachbarte Wehrsiedlungen war nicht von Dauer. Stämme, die Wehrsiedlungen besassen, und die, die solche nicht hätten, lebten miteinander friedlich, wofür die lange Lebensdauer der Festungssiedlungen ein Beweis ist.</p><p>Das Gebiet der Volkstämme umfasste wohl einige hundert km<sup>2</sup> In Anlehnung an die bisherigen archäologischen Überlieferungen könnte man für die Entstehung der Siedlung in ältere Biskupin folgende Auslegung annehmen: Die jüngere Wehrsiedlung Sobiejuchy zählte bedeutend mehr als 2500 Einwohner und fiel in Stammeskämpfen gegen Ende der Hallstattzeit C. Die überlebenden Bewohner teilten sich in zwei Gruppen (zwei »Hälbstamme«), von denen die eine Gruppe auf der Insel des Biskupiner Sees, 13 km südlich von Sobiejuchy, die andere Gruppe auf der Insel des Sees von lzdebno, 8 km von Biskupin entfernt, eine Wehrsiedlung aufbaute. Beide Siedlungen überdauerten ca 120 Jahre. Dann fielen sie im Kampfe der Stämme untereinander unter Mitwirkung der Skyten, oder sie erlagen einem Skytenüberfall (in Biskupin fand man einen »skytischen« Gegenstand) wie es in Kamieniec an der Weichsel und in Kruszwica, 60 km von Biskupin entfernt, geschah, wo man skytische Pfeilspitzen fand. Mit Biskupin waren die Wehrsiedlungen von Smuszewo, Jankowo und Ostrowite benachbart. lhre Entfernung von Biskupin überschreitet keine 30 km. Sie stammen aus der Hallstattzeit D und fielen wahrscheinlich dem gleichen Schicksal zum Opfer.</p><p>Die Wehrsiedlungen der »Lausitzer« Kultur sind ein Phänomen der Holzarchitektur und ein Beweis für die Entwicklungsstufe der Stammesorganisation der primitiven Urgesellschaft. Das sind zuvor unbekannte Erscheinungen der Baukunst wie auch der Oberflächenbebauung und Raumverteilung. Man hat den Eindruck, dass die strenge Organisationsdisciplin hier im Plan der ganzen Siedlung, besonders in der gleichen Flächenverteilung der Nutzwirtschaften, ihre Bestätigung findet.</p><p>Diese war nicht nur durch wirtschaftsorganisatorischen Bedarf sondern auch sicher durch die Sippenverfassung bedingt. Von den »Lausitzer« Entdeckungen in Biskupin ist zweifellos der innere Aufbau der Wehrsiedlungen am interessantesten.</p><h2>»Kral« aus der frühen Bronzezeit in Biskupin, Kreis žnin.</h2><p>In geringer Entfernung vom Südufer des Biskupiner Sees und zweier anderer kleinerer Seen zieht sich zwischen feuchten Wiesen, die früher von dem Flüsschen Gasawka und einem Bach durchflossen waren, eine Hügelkette, genannt »Góry«. (Berge), Fundstelle 2 a), Auf einem Teil dieser Hügelkette wurden während der Ausgrabungsforschungen bedeutende Teile eines Geheges in Gestalt eines Grabensystems aufgedeckt. Ausserdem traf man in seiner nächsten Umgebung Ansiedlungspunkte aus dem Beginn der Bronzezeit. Dies sind Wohnplätze von kurzer Dauer, Skelettgräber sowe eine Stelle im Moor mit zwei darin verwahrten Gegenständen aus Bronze (eine Ziernadel und ein Armband), die als Opfer einem Dämon dargebracht oder an dieser Stelle verloren worden sind. Diese Erscheinungen beweisen dass das damalige geographische Milieu günstige Lebensbedingungen für eine Hirten- und Zuchtwirtschaft sowie Ansiedlungstradition hot. Die Siedlungsüberreste, die grösstenteils aus der gleichen Zeit stammen, wie der »Kral«, weisen auf eine Siedlungsgruppe hin, die sich aus verschiedenartigen Funktionsteilen zusammensetzte, und unter welchen der »Kral« (fig. 26) am typischsten für diese Zeit war. Dies ist für die archäologischen Forschungen ein Objekt bisher unbekannten Typs. Der Grund, auf welchem diese Einrichtung angelegt wurde, ist sandkiesartig und nicht frei von Lehmadern. Es treten in ihm auch geologische Keile, Kies und Steine vor. Es ist beobachtet worden, dass der ursprüngliche Teil der Hügelkappe und somit auch die oberen »Kral«­schichten nach den Seiten hin teilweise in Fom von Erdverschiebungen abgeflossen sind. Die Reste der Einrichtungen sind schwierig zu erfassen wegen der schwachen Lesbarkeit im Gelände.</p><p>Der Umfang des »Krals« beträgt ca 250 m, seine Länge fast 90 m, seine Breite von 36 bis fast 60 m. Nicht miteinbegriffen sind drei kurze Sicherungsgräben, von denen man dort sicher noch mehrere finden wird. Die Breite des Hauptgrabens beträgt unten 1 m, oben bis zu zwei Metern. Es ist anzunehmen, dass seine ursprüngliche Tiefe ebensoviel betrug. Seine gegenwärtig in einigen Abschnitten erhaltengebliebene Tiefe beträgt bis zu 160 cm. Der Graben war an zwei Stellen unterbrochen. Diese Unterbrechungen waren zweifellos »Tore« zum Ein- und Austreiben des Viehs. Diese Tore wurden sicher mit Hilfe von Holzverschlägen verschlossen. Ein schmaleres Tor war ca 12 m breit, ein anderes ca 16 m. Vor dem schmaleren Tor lief ein Graben. Es ist anzunehmen, dass sich ein solcher auch vor dem breiteren Tor befand. lm Bereich des Grabens standen schmale Laubhütten mit Feuerstellen. An einer Stelle befindet sich zwischen zwei Laubhütten ein schmaler Durchgang. In dem bereits untersuchten Teil sind 6 Laubhütten; ihre Gesammtzahl wird vielleicht 12-14 Stück betragen haben.</p><p>Die Laubhüttenreste und Abfälle weisen darauf hin, dass dort gewohnt, Essen zubereitet, sowie andere wirtschaftliche, Tätigkeiten ausgeführt wurden. Das Inventar der Feuerstellen (fig. 27) bestand abgesehen von durch Feuerzerplatzten Steinen und einigen Stückchen Holzkohle hauptsächlich aus Keramikscherben, Knochen von Haustieren und Fischen, Seemiessmuscheln, Werkzeugen und Abfällen von Feuersteinen, einer Steinplatte zum Polieren, einigen walzenförmigen Tongewichterr, einem Schraber aus gezähnten Schweineknochen (wahrscheinlich zum Fellabschaben) und dem Bruchstück einer Bronzenadel. Man fand auch kleine Ockerkrumen. Die Miessmuscheln dienten wahrscheinlich zum Füttern der Schweine und als Nahrung für Menschen. Wir kennen Beispiele u. a. aus Gräbern des Neolithicums und der frühen Bronzezeit, wo man Miessmuscheln den Verstorbenen ins Grab mitgab. Unter den Gefässformen treten tulpenförmige Gefässe, Vorratsgefässe mit S-förmigem Profil, kleine Kelche, bauchige Gefässe und Schüsseln auf. Die Form, Struktur der Keramikmasse und Technik gestaltet, diese Gefässe zur sog. lwno-Kultur (genannt nach dem Ort Iwno, Kreis Szubin, ca 40 km nördlich von Biskupin entfernt) zu zählen, die mit der Unietischen und teilweise mit der Trzcinieckultur in Verbindung steht. Chronologisch und typologisch gehört diese Keramik in die zweite Hälfte der ersten Bronzezeit; diese fällt in die Jahre ca 1650--1500 vor unserer Zeitrechnung.</p><p>lm Tierknochenmaterial liessen sich Knochen von Kühen, Schweinen, Hunden, Pferden (?), Hirschen, Rehen, Auerochsen, von Fischen wie Hechten, Barschen, Karpen, Brassen, Ukeleien und Plötzen, meistens kleineren Gattungen, unterscheiden.</p><p>Das entdeckte System von Gräben, das als Gehege für Haustiere und Unterkunft der hier zeitweilig mit Familie (?) (vgl. die Webstuhlgewichte) anwesenden Hüter, der Hirten und Züchter diente, umfasste eine Fläche von fast 5000 m<sup>2</sup>, die wahrscheinlich in Abteilungen eingeteilt mehr als 500 Stück Vieh beherbergen konnte. Mit Rücksicht auf den Zustand des Objekts ist eine Nachbildungsprobe seines ursprünglichen Zustandes sehr hypothetisch. Es ist möglich, dass an der Aussenseite des »Kral« ein niedriger Wall aus Grabenerde aufgeschüttet und auf dem W all eine Palisade war; oder es wuchs auch Schlehdorn auf dem Wall, welcher zusammen mit dem Graben einem Schutz der Herde vor dem Überfall wilder Tiere bildete. Es scheint, dass die Anwesenheit dieses alles eine Notwendigkeit war, denn die Tierabgänge wären sonst in den. Graben geflossen, und das Regenwasser während der Regengüsse würde eine Zerstörung der Grabenwände verursacht haben. Die Anlage des »Krals« auf einer trockenen Sandhöhe, die den Winden ausgesetzt war, schützte die Herde vor Bremsen, Stechfliegen und anderen Fliegen und Schnaken.</p><p>Der Biskupiner »Kral« wirft ein neues Licht auf eine Reihe von aufgedeckten und durch Gräben gesicherten Objekten aus ,der späten Jung-Steinzeit in Polen (Zƚota bei Sandomierz), in der Tschechoslowakei, in Deutschland, Rumänien u. a.</p><p>Indirekte etnographische Analogien finden wir z. B. bei den Hirtenvölkern Afrikas. Dieses Objekt, das eine wichtige archäologische Quelle für die Forschung des Lebens und Betreibens der Wirtschaft unter Hirten und Züchtergemeinschaften der frühen Bronzezeit in bedeutenden Gebieten von Mitteleuropa bildet, wird Gegenstand weiterer archäologischer Untersuchungen sein unter weiterer Mitarbeit von Vertretern der naturwissenschaftlichen Disciplinen.</p><h2>Die Besiedlung der Bevölkerung der Kulturen aus dem Zyklus der Bandkeramik in Biskupin, Kreis žnin.</h2><p>Die ersten Ansiedler auf diesem Gebiet z. Zt. des mittleren Neolithicums die Ackerbau und Viehzucht trieben, waren Gruppen der Stichbandkeramikkultur. Eine dieser Gruppen siedelte sich auf der Anhöhe mit Lehmlager zwischen dem Biskupiner und Gogoekower See an (Fundstelle 10), wovon die von späteren Ansiedlern zerstörten Gruben zeugen, welche wahrscheinlich Überreste von schwachvertiefen Wohngruben sind. Eine spätere Entwicklungsphase dieser Kultur in Gestalt der Theisskulturgruppe, genannt Brzesko-Kujawische, (nach den in Brześć und Dobre in Kujawien entdeckten langen trapezartigen Bauten) repräsentieren Siedlungen und Bestattungsplätze auf zwei Anhöhen am Biskupiner See (Fundstelle 15a und 18). Ausserdem befindet sich eine Siedlung am Abhang einer Anhöhe, in Wenecja (in der Nähe des Dominikaner-Sees), die aus einigen schwachvertieften Wohnhöhlen besteht; desgleichen eine Siedlung in Sezelejewo, ca 5 km südlich von Biskupin mit einigen Gruben und »verlorenen« Steinwerkzeugen, die auf den Feldern der Umgegend gefunden wurden. Diese Werkzeuge sind wahrscheinlich Reste der Feldbestellung.</p><p>Die Siedlung liegt auf der ausgedehnten 6 ha grossen Anhöhe am See (Fundstelle 15 a u. 15). Vorläufig hat man dort, - abgesehen von Oberflächenfunden, - einen trapezartigen Bau mit drei Skelettgräbern in der Nähe freigelegt. Das trapezartige lange Gebäude (fig. 28-29) von 36 m Länge und 3-8 m Breite bestand aus Pfählen, die in den Fundamentgraben eingelassen waren. Auf der Südseite befanden sich die Eingänge und der offene (?) Teil des Gebäudes. Der Dachbalken stützte sich auf drei Pfosten. In Innern des Gebäudes befanden sich zwei Gruben mit Feuerplätzen. Spuren von Pfählen weisen auf Ausbesserungen einiger Wandteile hin. An der östlichen Gebäudewand befand sich die über 1 ½ m tiefe Wirtschafts grube mit einem Durchmesser von ca 2 m. Ihr Inhalt wies u. a. auf eine Bearbeitung von röhrenartigem Schmuck aus Knochen hin. Ein grosser Steinblock mit einem Gewicht von mehreren hundert kilo in dieser Grube, sowie ein zweiter Steinblock neben der Gebäudewand scheinen darauf hinzuweisen, dass der Bevölkerung dieser Kultur »Schleppen« (»Smyki«) zum Transportieren von Lasten nicht unbekannt waren. Bisher ist nicht festgestellt worden, ob die Bewohner der Siedlung vom Quellenwasser Gebrauch machten. (Fundstelle 15a).</p><p>Östlich des Nordgiebels des Gebäudes befanden sich drei Skelettgräber in Lehmgruben, in welchen die Toten in Hockstellung beigesetzt waren. Das am besten erhaltene Grab einer Frau von niedringem Wuchs, ca 35 Jahre alt, enthielt vier wunderschön verzierte Armbände aus Auerochsenhorn (fig. 30-32) sowie einen Halsschmuck aus Spondylus-Muscheln aus ca 400 runden flachen Plättchen.</p><p>Das zweite zerstörte Grab enthielt ausser dem Skelett einer erwachsenen Frau von niedriger Gestalt einen grossen Feuersteinsplitter. lm dritten Grab, ebenfalls zerstört, ruhte eine erwach­sene Frau von gleichfalls niedriger Gestalt. In Schulterhöhe lagen Teile einer verzierten Armband aus Horn. Interessant war die Feststellung von Anthropologen, dass diese Frauen auf Grund bestimmter Anzeichen der Beckenknochen oft in Hockstellung verweilt haben.</p><p>Eine zweite Siedlung sowie Skelettgräber wurden auf einer anderen Anhöhe, ca 400 m vom See entfernt, entdeckt. (Fundstelle 18). Dort wurden Wirtschafts- und Wohngruben festgestellt, die ausser den üblichen Siedlungsresten ebenfalls Bruchteile- eines verzierten Armbandes enthielten. Einige zehn Meter entfernt von dieser Siedlung wurden gleichfalls zwei stark zerstörte Gräber mit Skeletten in Hockstellung gefunden, von denen das eine Grab eine Hacke aus Hirschhorn, das zweite Feuerstein-werkzeuge enthielt. Die Gräber auf diesen beiden Stellen erlagen der Zerstörung durch Ansiedler der Eisenzeit. Es ist möglich, dass in einem der Gräber ein Mann beigesetzt war.</p><p>Die Ausgrabungen, ähnlich wie in Brześć Kujawathi und Dobre in Kujawien, weisen darauf hin, dass man die verstorbenen Mitgleider einer grossen Familie oder eines Stammes in der Umgehung der Siedlung beisetzte. Dieser Brauch war sicher die Folge einer engen Familienbindung im Rahmen der Sippenzugehörigkeit der damaligen Urgesellschaften. Eine schwer zu erklärende Erscheinung sind andere trapezartige Gebäude. Sie können den allgemeinen Typ des Wohn- und Wirtschaftsgebäudebaues in Bereichen dieser Kultur darstellen, können aber auch Bauten mit spezieller Funktion sein, wofür das spärliche bewegliche Inventar in ihrer nächsten Umgehung spricht. Es ist auch ungewiss, ob neben den anderem trapezartigen Bauten an der gleichen Stelle schwachvertiefte Wohngruben auftreten. Wenn es so wäre, dann hätten die trapezartigen Bauten eine besondere Funktion wahrscheinlich auf dem Gebiet der Sippenverfassung und des Glaubens.</p><p><em>Zd. Rajewski.</em></p>Warszawa. Biskupin. August 1957 r. ER -