2003: Kirkehistoriske Samlinger
Artikler

Pastor Ifversen og stiftsprovst Paulli: Danske teologer og blodskam 1680-1770

Publiceret 25.02.2025

Citation/Eksport

Garde, Peter. 2025. “Pastor Ifversen Og Stiftsprovst Paulli: Danske Teologer Og Blodskam 1680-1770”. Kirkehistoriske Samlinger, februar, 211-84. https://tidsskrift.dk/kirkehistoriskesamlinger/article/view/151175.

Resumé

1902 weigerte sich der Kopenhagener Pfarrer Julius Ifversen, die Trauung eines Maurergesellen durchzuführen, aus dem Grund, dass der Maurer, der geschieden war, das geschlechtliche Verhältnis zu seiner Verlobten vor der Scheidung eingeleitet hatte und somit nach dem Worte der Heiligen Schrift den Ehebruch begangen hatte. Dem damaligen Gesetz gemäß war die Zivilehe unmöglich, wenn beide Brautleute Mitglieder der evangelisch-lutherischen Landeskirche waren, weshalb in ähnlichen Fällen die Frage oft dadurch gelöst wurde dadurch, dass einer der beiden aus der Kirche austrat. Diesmal aber wurde die Frage der möglichen weltlich-rechtlichen Pflicht des Pfarrers auf die Spitze gesetzt, vor allem weil die sozialdemokratische Partei und deren Zeitung den Fall als Anlass eines veritablen Feldzugs besonders gegen den Pfarrer Ifversen benutzte. Der Maurer reichte deshalb eine Klage bei dem Kultusminister der regierenden liberalen Partei ein. Dieser befahl dem Pfarrer, die Trauung durchzuführen, Ifversen lehnte aber wieder ab. Während des Vorgangs wurde die Pflicht des Pfarrers, die Trauung durchzuführen kräftig von dem Dompropst Jacob Paulli, der zweiten Hauptfigur dieser Abhandlung, unterstrichen; da der zuständige Bischof Thomas Skat Rørdam verreist war, musste Paulli dem Minister die notwendige dienstliche Erklärung im Namen des Bischofs abgeben. Später drückte der Bischof Verständnis der Haltung des Pfarrers gegenüber aus und bezeichnete Verbindungen wie die beabsichtigte Ehe des Maurers als »etwas Böses«. Danach wurde der Pfarrer Ifversen der Verletzung des bürgerlichen Strafgesetzbuches angeklagt dadurch, dass er, obwohl Beamter im Dienste des Staates, sich weigerte, einen ihm gesetzlich auferlegten Befehl zu erfüllen. Der Prozess wurde in der ersten Instanz vor einem geistlichen Gericht, aus einem juristischen und einem geistlichen Richter bestehend, geführt; als der geistliche Richter wurde Paulli als der zuständige Propst berufen. Dem Urteil dieses Gerichts gemäß wurde Ifversen schuldig gesprochen, und eine Geldstrafe wurde über ihn verhängt. Paulli wurde von mehreren wegen seiner Teilnahme an dem Angelegenheit getadelt, der Meinung des Verfassers nach, zu Unrecht. Ifversen weigerte sich fortfahrend, die Trauung durchzuführen und legte bei dem Höchsten Gericht Berufung ein. Vor der Gerichtssitzung holte der Verteidiger rund 90 Erklärungen von hervorragenden Geistlichen, die so gut wie alle der Beschreibung des Bischofs derartiger Verbindungen als »etwas Böses« beistimmten, so wie auch mehrere selbst die Trauung Geschiedener abgelehnt hatten, ein. Durch das Urteil des Höchsten Gerichts vom 21. Oktober 1903 wurde Ifversen freigesprochen; auch wenn die Vollstreckung der Trauung als seine Pflicht anzusehen wäre - man beachte die Konjunktiv - habe er unter anderem im Lichte der unklaren Stellung der Landeskirche etwas Fug zu glauben, dass die Erfüllung des Gebotes mit seinem Ordinationsgelübde unvereinbar sei. Wie das Urteil abgefasst war, wurde der Pfarrer somit aus subjektiven Gründen freigesprochen, auf Grund mangelnden Vorsatzes. Nach den damaligen verfahrensrechtlichen Gesetzen wurden Meinungsverschiedenheiten im Gericht nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt; die nähere Durchsicht des Beratungsprotokolls des Höchsten Gerichts zeigt aber, dass aus dreizehn Richtern sechs für die Verurteilung stimmten, fünf den Befehl als ungesetzlich ansahen und deshalb für die Freisprechung stimmten, während die letzten beiden Richter wie die sechs den Befehl als gesetzlich ansahen, zugleich aber befanden, dass der Pfarrer in gutem Glauben gewesen, oder juristisch ausgedrückt, in einem Vorsatzausschließendem Rechtsirrtum, die sträfliche Verantwortung aufhebend, befangen sei. Die fünf plus zwei bildeten somit die kleinste denkbare Mehrheit für den Freispruch. Erst 1922 wurde die Frage mit der Durchführung des ersten modernen Gesetzes über die Eheschließung und Scheidung gelöst. Jetzt wurde dem Pfarrer das absolute Recht, die Trauung Geschiedener abzulehnen, gegeben, aber auch die generelle fakultative Zivilehe eingeführt, d.h. dass auch Mitglieder der Landeskirche die Zivilehe wählen konnten, ohne aus der Kirche zu treten. Ifversen starb 1927 und erlebte somit den Freibrief des neuen Gesetzes. Der Maurer war längst aus der Landeskirche ausgetreten, um die Zivilehe einzugehen.