Geografisk Tidsskrift, Bind 38 (1935) 3-4

Das Skalling-Laboratorium 1930—35. Institut für Dünen-, Marsch- und Watt-Forschung.

Niels Nielsen.

Nach einigen vorbereitenden Untersuchungen im Jahre 1930, die in Nr. 2 der hier veröffentlichten Mitteilungen beschrieben wurden, ging man daran im Jahre 1931 die Halbinsel systematisch nach verschiedenen Seiten zu untersuchen, und es sind dann im Laufe der nächsten 5 Jahre eine Reihe von Arbeiten zum Abschlusz gediehen; gleichzeitig sind auch die Richtungslinien für neue Arbeiten festgelegt worden, so dass nun die Entwicklung für die nächsten Jahre im groszen Ganzen zu übersehen ist.

Das Studienobjekt war ursprünglich die Halbinsel allein, nach und nach ist es aber so ausgedehnt worden, dass es heute grosse Gebiete des dänischen Teiles der friesischen Landschaft umfasst. Diese geopraphische Region umfasst das Küstenland von Dunkerque bis Blaavandshuk und schliesst 3 landschaftliche Hauptelemente

1. Inseln, Hallingen und Halbinseln,

2. Watten mit dazuhöringen Tiefen, Rinnen und Hochsanden,
3. Marschland am Festland,

Landschaften, von denen jede in eine Reihe von Detailformen
von sehr wechselnden und charakteristischen Naturverhältnissen
aufgelöst ist.

Schon lange haben diese Gegenden das Interesse der Naturforscher erregt, und es liegen zahlreiche wertvolle Untersuchungen älteren Datums vor; die Forderung der Zeit nach stets grosserer Exaktheit der Methoden und Darlegungen hat eine tiefgreifende Revision der noch vor wenigen Jahren als endgültig angesehenen Anschauungen mit sich gebracht, während gleichzeitig neue Forschungswege Perspektiven von bisher ungeahnten Dimensionen eröffneten.

In physiographischer Beziehung ist das Gebiet der Schauplatz

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sehr heftiger Umwälzungen und Veränderungen, dank des sehr schwankenden Wasserstandes, des Wellenschlages und der Windwirkung;Erosion und Sedimentation gehen mit einer Intensität vor sich, die sehr auffallend ist und zwar in einem solchen Tempo, dass die Möglichkeiten für eine direkte Beobachtung und Messung dieser Prozesse ganz ausserordentlich gute sind. Die Bildung von marinen Flächen und Rinnen wird daher zu einem wertvollen Studienobjekt, nicht allein zum Verständnis dieser besonderen Landschaftstypen, sondern auch in hohem Grad zur Auffassung des allgemeinen Charaktersdieser Prozesse, und da das Vergangene in der Regel sich am besten mit dem Gegenwärtigen erklären lässt, so ist die Erforschungder Veränderungen, die heute im Wattenmeer vor sich gehen, von grösstem morphologischem und geologischem Interesse.

Die biologischen Verhältnisse im Versuchsgebiet sind sehr verschiedenartige, insofern jede Landschaftstype ihren besonderen Charakter und innerhalb ihres Gebietes verschiedene Typen hat. So ist das Leben auf der Düne ausserordentlich verschieden von jenem, das in Watt und Marsch gelebt wird, dabei ist aber die Düne kein einheitlicher Begriff, indem sie an den verschiedenen Stellen Möglichkeiten ganz verschiedener Art aufbringt. Dazu kommt noch, dass Marsch und Watt sich durch so grosse Tag- und Saisonvariationen auszeichnen, dass die Organismen ungünstigen Situationen von ganz katastrophaler Art ausgesetzt werden; nur Lebewesen, die besonders dazu ausgerüstet sind, Veränderungen der Feuchtigkeitsverhältnisse und Erschütterungen anderer Art zu ertragen, sind im Stande sich hier zu halten. Unter den Faktoren, die den grössten Schwankungen ausgesetzt sind, ist Feuchtigkeit, Salzgehalt, Sauerstoff d ruck und Temperatur zu nennen.

In anderer Beziehung sind wiederum die Lebensbedingungen ganz hervorragende. Die Lichtwirkung ist für die Stoffproduktion der Pflanzen sehr günstig, und ausserdem werden mit dem zweimal des Tages einströmenden Wasser grosse Nahrungsmöglichkeiten herbeigeführt; vermag nun ein Tierorganismus diese grossen Schwankungen physischer Art auszuhalten, so wrerden die Möglichkeiten für die Ernährung im Bereiche des Gezeitenstroms sehr günstige sein. Anzahl und Gewicht der lebenden Organismen per Flächeneinheit ist darum an günstigen Lokalitäten ganz enorm und vermutlich unerreicht bei anderen Lebensgemeinschaften zu Land und Wasser.

Für die biologische und ökologische Forschung ist daher diese
Region ein Studienobjekt von ausserordentlich hohem Wert, und
eine eingehende Betrachtung des Fortkommens einer einzelnen Art

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an ihrem natürlichen Standort in Verbindung mit den Reaktionen, die sich bei ihr unter Einwirkung verschiedener äusserer Faktoren einstellen, \vird daher zu einer grossen und dankbaren Aufgabe. Dazu kommt weiters, dass die Bedingungen für die Lebensentfaltung so stark und unter so heftigen Uebergängen wechseln, dass das Studiumder Zusammensetzung der Tier- und Pflanzenwelt hinsichtlich Art und Anzahl sehr lohnend wird, wie auch die Grenzwerte für die Lebensmöglichkeiten einer bestimmten Art in einer Reihe von Fällen mit recht grosser Genauigkeit sich bestimmen lassen.

Diese Kombination von schwierigen, variablen und in gewisser Beziehung sehr vorteilhaften Verhältnissen ist ein Merkmal fast aller Standorte und gibt sich in einem Reichtum verschiedener, jedes für sich charakteristischer Lebensformen bei Pflanzen und Tieren zu erkennen.

Und noch ein Umstand macht diese Gegenden zu Studienobjekten einziger Art, nämlich ihr teilweise unberührter Naturzustand. Düne und Sandstrand werden äusserst wenig von Menschen benützt, den allergrössten Teil der Watten hat nie ein Menschenfuss betreten oder nie ein Fahrzeug besegelt, und sogar gewisse Marschgebiete dürften ohne Eingriff von Menschenhand daliegen.

Eine Studienaufgabe von grossem geographischen Interesse liegt in der menschlichen Ausnutzung gewisser Teile dieser schwer zugänglichen, harten und barschen Landschaft, deren besondere Lebensbedingungen und abgelegene Lage zur Entwicklung spezieller Formen des Erwerbes und der geistigen Kultur geführt hat. Die Dünenkultur, die Inselkultur, die Kultur der Marschen haben alle ihr besonderes Gesicht. Relikte früherer Erxverbsformen sind häufig vorhanden, und in manchen Fällen findet man noch eine eigentümliche Kombination von mehreren Gewerben, die in anderen Gegenden, mit zunehmender Spezialisierung zu Grunde gegangen ist. Besonders interessant ward hier die Entwicklung von Handel und Verkehr im Laufe der Zeiten und die bauinässige Entwicklung der Ortschaften.

Schliesslich muss noch erwähnt werden, dass gewisse Untersuchungen sich mit Verhältnissen beschäftigen, die von sehr grosser ökonomischer Bedeutung sein können. Mit Bezug auf die Marschbildung ist dies ganz einleuchtend, weil diese Landschaft in ackerbaulicher Beziehung sehr wertvoll ist. Was die ökonomische Bedeutung des Watts anbelangt, so ist die Frage etwas komplizierter. Sein mächtiger Vorrat an Nährstoffen scheint für den Bestand an Fischen eine Rolle zu spielen, indem eine sehr grosse Menge derselben ihre Jugendzeit hier übersteht.

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Ein Studium der einzelnen Probleme erfordert natürlich eine spezielle Ausbildung und in gewissen Fällen bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber der Fachgelehrte der auf eigene Faust an eine Aufgabe geht, wird häufig in die Lage kommen, bei Fachgelehrten mit anderer Ausbildung Hilfe zu suchen, und eine gewisse Zusammenarbeit und Wechselwirkung verschiedener Studienzweige wird darum nicht allein von Vorteil, sondern in vielen Fällen auch notwendig sein, wenn Zusammenhänge von etwas grösseren Umfang klargelegt wrerden sollen.

In Erkenntnis dessen wurden die Skalling-Untersuchungen schon in ihrem allerersten Anfang auf einer breiten Basis unter Mitwirkung einer ganzen Reihe von Spezialisten angelegt: Zoologen, Botaniker und Geographen, und es wrurde besonders darauf Rücksicht genommen, Mitarbeiter zu finden, die nicht nur allein im Besitze einer speziellen fachlichen Ausbildung wTaren, sondern gleichzeitig die Eignung hatten mit anderen in Wechselwirkung zu arbeiten. Dieses Arbeitsprinzip hat sich als ausserordentlich nutzbringend erwiesen, und es wurde für jeden einzelnen Teilnehmer an der Arbeit eine Quelle der Bereicherung und hat wesentlich dazu beigetragen, eine fortlaufende Linie in dem wreit verzweigten Svstem von Arbeiten zu halten.

Das Laboratorium, dessen Einrichtung aus den Plänen und Photographien in Abbildung Nr. 2 ersichtlich ist, hat einen ausgesprochen feldmässigen Charakter, und schon darin liegt eine Begrenzung der hier gestellten Aufgaben. Mit Vorbedacht wurden jene Probleme zur Untersuchung aufgenommen, die sich nicht gut an anderen Stellen behandeln lassen. Andere Arbeiten und Methoden, die sich besser an voll ausgerüsteten Instituts-Laboratorien durchführen lassen, wurden ausgeschaltet. Dies ist für die Abgrenzung einer Reihe von experimentellen Arbeiten namentlich physologischen Charakters von Wichtigkeit, die man nur mit unverhältnismässigen Kosten und Mühe in die Wege hätte leiten können. In solchen Fällen ist das Skalling-Laboratorium die Gastfreundschaft der Kopenhagender Instiut zugute gekommen, indem sich dieselben ausserordentlich entgegendkommend gezeigt haben.

Das leitende Motiv bei den Untersuchungen war grösstmöglichste
Exaktheit in methodischer Hinsicht, bezüglich Beobachtung, Zählung,
Messung und Wägen zu erzielen.

Bei der biologischen Forschung hat man nach den exakten Methodenvon
C. Raunkiær und C. G. Johs. Petersen gearbeitet, wobei es
natürlich notwendig war, dieselben den vorliegenden Aufgaben anzupassen.Bei

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zupassen.Beider quantitativen Untersuchung der Zusammensetzungder Landfauna wurden ähnliche Methoden in Anwendung gebracht.Was die Bestimmung der ökologischen Faktoren anbelangt, hatte man sich bemüht von der schätzungsmässigen Betrachtung wegzukommen und auf rein analytischem Wege versucht, eine mögliche Korrelation zwischen der Ausbreitung der Lebewesen und ihren Lebensbedingungen zu finden.

Auch bei den morphologischen Studien war man bestrebt exakt zu arbeiten, indem man namentlich die stattfindenden Veränderungen zum Gegenstand von Messungen machte. Vor allem auf zwei Gebieten ist dies fruchtbringend gewesen, und zwar beim Studium des Sandtreibens und der Marschenbildung.

Folgende Gelehrte haben im Laufe der Jahre in längeren Zeitabschnitten
am Laboratorium gearbeitet:


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Eine grössere Anzahl von dänischen und ausländischen Forschern haben sich in kürzeren Perioden ans Institut aufgehalten und sich an der Arbeit beteiligt. Unter den Dänen müssen die Professoren P. Boysen-Jensen und Aug. Krogh genannt werden, die die Arbeit des Laboratoriums durch eine Reihe von Jahren verfolgt haben und uns ihre Beistand und Rat bei zahlreichen zu überwindenden Schwierigkeiten angedeihen Hessen. Folgende ausländische Fachgenossen sind auf dem Laboratorium tätig gewesen:


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Die Arbeit ist hauptsächlich in den Sommermonaten zwischen 1. Juni und 1. September vor sich gegangen, doch sind auch die anderen Jahreszeiten augenützt worden, und namentlich die Kampagne in der kalten Jahreszeit hat da eine gute Ausbeute ergeben.

Die Bearbeitung des Materiales ist zum Teil im Laboratorium vor sich gegangen, doch ist der grösste Teil dieser Tätigkeit in Kopenhagen vorgenommen worden, WTO uns von Museen und Laboratorien Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt wurden.

Im Laufe der Jahre ist eine grössere Anzahl von Aufgaben in Angriff genommen worden; unter diesen sind ein Teil Spezialarbeiten von kleinerem Umfang, während andere mit fortdauernden und umfassenden Studien vor Augen angelegt wurden. Die Basis für die Untersuchungen als solche wurde in einem Arbeitsprogramm von 1931 niedergelegt, das sich in seinen Hauptzügen als haltbar erwiesen hat, wenn auch die Entwicklung gewisse Aenderungen und Erweiterungen mit sich gebracht hat.

Dergestalt sind gewisse Aufgaben, die zu Beginn der Arbeit an einem vorgeschobenen Platz standen, später etwas in den Hintergrund getreten zu Gunsten von anderen, deren Lösung aus irgend einem Grund vordrängte, und es hat sich mehrere Male gezeigt, dass Untersuchungen, auf die wir grosse Erwartungen stellten, diese nicht erfüllten, während andere auf überraschende Weise zu neuen Resultaten und Gesichtspunkten führten. Wenn eine bestimmte Arbeit bei vernänftigem Aufwand von Zeit und Kräften kein Ergebnis zu bringen versprach, wurde sie beiseite gestellt, aus der Ueberzeugung heraus, dass Zahl und Umfang der Aufgaben so gross ist, dass man es nicht verantworten konnte, einen Mitarbeiter allzu viel Zeit mit einer Sache verlieren zu lassen, deren günstiges Ergebnis aus dem einen oder anderen Grund weniger wahrscheinlich geworden war.

Die wichtigsten der behandelten Aufgaben sind folgende:

Physiographische Arbeiten.

l. Hydrographische Messungen.

2. Grundwasseruntersuchungen auf der Skalling.

3. Temperaturuntersuchungen in Luft, Wasser und Boden.
4. Sedimentpetrographische Arbeiten.

5. Untersuchungen über quantitative Verhältnisse des Sandtreibens
unter verschiedenen Bedingungen.

6. Messung der Sedimentation in der Marsch.

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Geologische Arbeiten.

Studien zum postglacialen Entwicklungsgang des Gebietes.

Zoologische Arbeiten.

1. Das Tierleben der Watten, systematisch und quantitativ, bio
logisch und ökologisch behandelt.

2. Die Biologie und Oekologie der tunnelgrabenden Insekten
3. Die Landfauna der Skalling, systematisch und biologisch.

Botanische Arbeiten.

1. Floristische Behandlung der Halbinsel.

2. Formationsstatistische Behandlung der Halbinsel.
3. SpezialUntersuchungen gewisser Pflanzengemeinschaften.
4. Studien über die Gattung Salicornia.

Physiologische Arbeiten.

l. Versuche über den Stoffwechsel gewisser Watten- und Landtiere

Ernährung und Resistenz bei ungünstigen Lebensbedingungen.
2. Messung des Stoft'umsatzes gewisser Halophyten.
3. Messung über den Wasserhaushalt der Diinenpflanzen.

Erwerbsgeographische Arbeiten.

1. Relikte von Feldgemeinschaft in der dänischen Marschlandschaft.

2. Die erwerbsgeographische Entwicklung des Wattenmeeres.

Ausgehend von der Betrachtung, dass Arbeiten von der angeführten Art in den normalen Fachschriften zugänglich sein sollten, während zu gleicher Zeit eine Gesamtausgabe der Arbeiten aus dem Skalling-Laboratorium für wünschenswert angesehen werden musste, hat man versucht, die bisher veröffentlichten Arbeiten in den Periodica, wohin sie nach ihrer systematischen Art rechtlich hingehörten, unterzubringen. Ausserdem hat man die Sonderdrucke gesammelt, und veröffentlich einige diesen Aufsätze als ersten Band der „Meddelelser fra Skalling-Laboratoriet".

Der Carlsbergfond hat seit 1931 durch jährliche Bewilligungen
die Ausgaben des Laboratoriums gedeckt, während er gleichzeitig
Bau- und Einrichtung desselben bestritten hat.

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Fig. 1. Exakte Sedimentationsmessung. Marschbildung 19311985.

Am 1. August 1931 wurde die damalige Oberfläche mit rotgefärbten Sand bestreut, und als die Färbung sich bis jetzt ausgezeichnet gehalten hat, ist es möglich gewesen die Sedimentation vom Jahr zu Jahr zu folgen, und die jährliche Schlickablagerung zu bestimmen. Die gefärbte Sandschicht ist bei dem Ziffer 3 am Massstab zu sehen. Was darüber liegt, ist also seitdem abgelagert, und als der Block am 1. August 1935 aufgehoben ist, ist die ganze Sedimentation in 4 Jahren 30 mm gewesen oder 7—878 mm pro Jahr.

Die Schlickbildung ist nur in der dichten und gemischten Marschvegetation
nachgewiesen, Puccinellia (Glyceria) maritima und
Salicornia herbacea.

Näheres über Methodik und Resultat der Messungen in:

Niels Nielsen: Eine Methode zur exakten Sedimentationsmessung in Kgi. Danske Vidensk. Sels. Biol. Medd. XII, 4. København 1935 und in „Meddelelser fra Skallinglaboratoriet", Bd. 1. København

Skalling-Laboratoriet, am 1. Oktober 1935.